Bruderschaften

Autor: Dr. Norbert Hörberg

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Vereine innerhalb der katholischen Kirche, die sich zu Frömmigkeit und Nächstenliebe verpflichten und eigene Gottesdienste, Wallfahrten und Prozessionen abhalten. Sie wählen sich ihre Patrone und Symbole und üben Solidarität auch über den Tod hinaus (Totengedächtnis). Als Vorläufer können Gebetsverbrüderungen gelten, wie sie zwischen Klöstern seit dem 8. Jahrhundert üblich waren. St. Ulrich und Afra etwa war mit Klöstern des Hirsauer Reformkreises verbrüdert. Kaiser Friedrich I. wurde 1182 in die Bruderschaft mit den Mönchen von St. Ulrich und Afra aufgenommen. Brudertschaften im sozialen Bereich gab es seit 1200. In Augsburg versorgte eine ordensähnliche Gemeinschaft (Spitalbrüder) das Heilig-Geist-Spital. Bruderschaftliches Totengedenken war in Stiftungen wirksam, die zum Unterhalt sozialer Einrichtungen gemacht wurden.

    Bruderschaften konnten auch beruflich oder politisch orientiert sein. 1352 wurde die sozialrevolutionäre Bruderschaft der Jakober vom Rat verboten. 1452 schränkte eine Diözesansynode die laikalen Bruderschaften ein, förderte jedoch die Priester- und Kapitels-Bruderschaften als Standesvereinigungen der Kleriker: 1466 organisierten sich die Vikarier (niedere, Kanoniker vertretende Kleriker) in der Bruderschaft St. Magnus, 1468 jene von St. Moritz. 1505 Sebastians-Bruderschaft für den Domklerus, ähnliche Bruderschaften bei St. Anna und St. Georg. Die 1440 wiederbegründete und 1468 erneuerte St.-Ulrichs-Bruderschaft stand Geistlichen und Laien offen. Ihr gehörte u. a. Kaiser Maximilian I. an. Neue Impulse kamen durch die Gegenreformation. 1593-1654 entstanden sieben Bruderschaften beim Dom für einzelne Berufsgruppen, 1555 bei St. Moritz das ’Liebesbündnis des Gekreuzigten’ mit jährlicher Wallfahrt nach Violau neben drei berufsbezogenen Bruderschaften.

    Die Jesuiten von St. Salvator gründeten Marianische Kongregationen für ihre Schüler und solche für Bürger. 1574 Rosenkranz-Bruderschaft der Dominikaner, 1590 Bruderschaft vom ’Strickgürtel des Hl. Franz’ der Franziskaner vom Heiligen Grab. Die 1483 ins Leben gerufene Corpus-Christi-Bruderschaft bei Heilig Kreuz wurde 1601 wiedererrichtet; Markus Fugger war ihr erster Präfekt. Sie wurde eine der bedeutendsten Bruderschaften der Stadt. 1609 erteilte der Papst der Ulrichs-Bruderschaft einen Ablass, 1610 bestätigte Bischof Heinrich von Knöringen ihre Statuten. Nach dem Dreißigjährigen Krieg kamen gut zwanzig weitere Bruderschaften hinzu. Im Gedenkjahr der heiligen Afra 1804 wurde die Ulrichs-Bruderschaft abermals neu belebt. 1813 waren im katholischen Stadtdekanat Augsburg an die 40 Bruderschaften registriert, 1906 waren es noch um die 20.

Literatur:

Franz Eugen von Seida und Landensberg, Historisch-statistische Beschreibung aller Kirchen-, Schul-, Erziehungs- und Wohlthätigkeitsanstalten in Augsburg, 1812, 166-191

Albert Haemmerle, Die gedruckten Necrologien der Augsburger Bruderschaften, in: Vierteljahreshefte zur Kunst und Geschichte Augsburgs 4 (1947/48), 108-162

Ders., St. Ulrichs-Bruderschaft Augsburg, Mitglieds-Verzeichnis 1466-1521, 1949

Friedrich Zoepfl, Das Bistum Augsburg und seine Bischöfe im Mittelalter, 1955

Ders., Das Bistum Augsburg und seine Bischöfe im Reformationsjahrhundert, 1969

Rolf Kießling, Bürgerliche Gesellschaft und Kirche in Augsburg im Spätmittelalter, 1971

Wilhelm Liebhart, Die Reichsabtei St. Ulrich und Afra zu Augsburg, 1982

Norbert Hörberg, Libri sanctae Afrae, 1983

Peter Lengle, Spitäler, Stiftungen und Bruderschaften, in: Geschichte der Stadt Augsburg von der Römerzeit bis zur Gegenwart, 1984, 202-208

Peter Rummel, Katholisches Leben in der Reichsstadt Augsburg (1650-1806), in: Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 18 (1984), 9-161

Lexikon für Theologie und Kirche 2, 31994, 718-721.