Stiftungen

Autor: Dr. Wolfram Baer

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Ansätze karitativer Tätigkeit bereits im Mittelalter; nach christlicher Auffassung hatten in Not geratene Arme Anspruch auf die Hilfe der Vermögenden. Spitäler (zur Pflege von Armen und Kranken) gehen in Augsburg auf die Zeit Bischof Ulrichs zurück. Das Heilig-Geist-Spital als bedeutendste kirchliche Sozialeinrichtung, die Siechen- und Seelhäuser, das Pilger- und das Blatterhaus kamen mit der Zeit mehr und mehr unter städtische Aufsicht. Nach der Reformation wurden die Vermögen der säkularisierten Klöster (St. Nikolaus, St. Martin, St. Margareth, St. Clara, Barfüßer) verschiedenen Wohltätigkeitsanstalten zugeführt. Die Stiftung der Fuggerei (Fugger'sche Stiftungen) bildete einen Kulminationspunkt frühen privaten Stiftungsdenkens. Nach der starken Bevölkerungszunahme im 16. Jahrhundert reichte die private oder kirchliche Stiftungstätigkeit nicht mehr aus. Die Einrichtung einer städtischen Fürsorge war die notwendige Folge; es entstand das Almosenamt. Daneben suchte das private Gewinnstreben des Frühkapitalismus weiterhin nach moralischem Ausgleich durch private Stiftungen. Im schulischen Bereich, ehedem eine Domäne der Kirche, ermöglichten private Stiftungen die Gründung des protestantischen Anna-Kollegs und des Jesuitenkollegs St. Salvator. Nach Einführung der Parität (1648) wurden die Stiftungen mit wenigen Ausnahmen paritätisch verwaltet. Aufklärung und Säkularisation erwiesen sich als besonders stiftungsfeindlich. Das aus ursprünglichem Stiftungsgut erwachsene ’Spezialstaatsvermögen’ wurde den Gruppen Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitsstiftungen zugeordnet. 1808 wurden die protestantischen Unterrichtsstiftungen vereinigt und der Protestantische Studienfonds gebildet. Das Vermögen des ehemaligen Jesuitenkollegs wurde in den Katholischen Studienfonds eingebracht. Auch in der Zeit der Industrialisierung blieben Stiftungen gebräuchlich; sie gehörten zum Bild des Unternehmers. Genannt seien die Stiftungen Johann Gottlieb Klauckes, Johann Lorenz von Schaezlers und Friedrich von Halders auf protestantischer Seite; katholische Stiftungen wurden vielfach geistlichen Orden zugewandt. Seit 1918 verwaltet die Stadt die zur Trägerschaft der Hessing'schen Orthopädischen Kliniken errichtete Hessing-Stiftung.

Literatur:

Anton Werner, Die örtlichen Stiftungen für die Zwecke des Unterrichts und der Wohltätigkeit in der Stadt Augsburg, 1899 (Ergänzungsheft, 1912)

diverse Beiträge, in: Lebensbilder deutscher Stiftungen 1 ff., 1971 ff.

Wolfram Baer, Zur Geschichte des Augsburger Stiftungswesens, in: Aufbruch ins Industriezeitalter 2, 1985, 124-133

Rolf Kießling, Vom Pfennigalmosen zur Aussteuerstiftung, in: Materielle Kultur und religiöse Stiftung im Spätmittelalter, 1990, 37-62.