Stenglin

Kaufmannsfamilie

Autoren: Prof. Dr. Mark Häberlein, Inge Keil

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Die Stenglin spielten v. a. in der 2. Hälfte des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts in Fernhandel und Stadtpolitik eine größere Rolle. Als Familienangehörige sicher bezeugt sind erst die wohl aus einfacheren Verhältnissen stammenden Kramer Ulrich († 1516/17) und Georg († nach 1526). Schon Ulrich brachte es zu einigem Wohlstand (1516: 1800 Gulden Anschlagvermögen). Den eigentlichen Aufstieg vollzog sein als Gewürzhändler nachweisbarer Sohn Markus (I, * 1494, † 1559), der als einziger Vertreter der Kaufleutestube 1548 von Karl V. zum Mitglied des Kleinen Rates ernannt wurde. Sein Sohn Lukas (* 1523 Augsburg, † 28.12.1587 Augsburg) wurde nach dem Medizinstudium in Padua (1549 Dr. med.) Stadtarzt in Augsburg und 1551 durch Heirat mit Felicitas Walther Mehrer. Gründete 1582 zusammen mit Adolph (III) Occo das Collegium Medicum, dessen erster und einziger auf Lebenszeit gewählter Dekan er war. Sein Bruder Markus (II, † 1588) gehörte in den 1570er Jahren zu den Augbsurger Gläubigern des französischen Königs. Ihre Brüder Jeremias (* 1530, † 1575) und Matthäus (* 1536, † 1604), die geschäftlich zusammenarbeiteten, unterhielten um 1570 Verbindungen nach Antwerpen. Nach Jeremias’ Tod führte Matthäus bis 1585 mit dessen Sohn Daniel (* 1556, † 1626) und danach alleine eine Handelsfirma, während Daniel mit seinen Brüdern Christoph (* 1565, † 1638) und Johann Baptist (* 1562, † 1622) eine Gesellschaft bildete. Die Stenglin hatten Geschäftsbeziehungen nach Venedig, L'Aquila, Genua, Bozen, Lissabon, Delft, Hamburg, Wien und Straßburg und besuchten regelmäßig die Messen in Frankfurt und Leipzig. Sie handelten v. a. mit Gewürzen, Baumwolle, Seide und Leinwand, daneben auch mit Farbstoff (Brasilholz), Zucker und Seife. Matthäus und Daniel gehörten um 1600 zu den größten Augsburger Steuerzahlern. Daniel war 1592-1626 Mitglied des Kleinen Rates und 1597-1625 Bürgermeister. Als führende Vertreter des Augsburger Protestantismus wurden die Stenglin während der schwedischen Besatzung (1632-1635) ins Patriziat erhoben. Daniels Sohn Jeremias Jakob († 1645), Parteigänger der Schweden, wurde Stadtpfleger und erhielt von König Gustav II. Adolf den Grundbesitz des bayerischen Kanzlers von Donnersberg bei Landsberg/Lech zugesprochen, den er nach 1635 ebenso wie das Stadtpflegeramt wieder verlor. Seine Firma ging bankrott, er selbst wurde arrestiert und starb in ärmlichen Verhältnissen. Sein Tagebuch stellt eine wichtige Quelle für die Zeit der schwedischen Besatzung dar. Jeremias Jakobs Vetter Zacharias nahm 1647/48 als Frankfurter Gesandter am Westfälischen Friedenskongress teil.
  • Stenglinstraße (1975, Kriegshaber, Amtlicher Stadtplan F 7), benannt nach Lukas Stenglin.

Literatur:

Paul von Stetten, Geschichte der adelichen Geschlechter in der freyen Reichsstadt Augsburg, 1762, 302-304

Joseph Ahorner von Ahornrain, Catalogus medicorum Augustanorum, 1800 (Ms.

Staats- und Stadtbibliothek Augsburg)

Intelligenzblatt, 5.2.1833, 70 f., 14.2.1833, 87

Bibliotheca Augustana 8, 1792, 138-143

Josef Hagl, Entwicklung des Augsburger Großkapitals […] 1540-1618, München Diss. 1924, 157-159

Christel Warnemünde, Augsburger Handel in den letzten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts und dem beginnenden 17. Jahrhundert, 1956, 153 f.

Katharina Sieh-Burens, Oligarchie, Konfession und Politik im 16. Jahrhundert, 1986, 76, 81-86, 349

Bernd Roeck, Eine Stadt in Krieg und Frieden 2, 1989, 692, 715, 748, 764, 770-772

Augsburger Eliten des 16. Jahrhunderts, 1996, 794-813.

Jeremias Jakob Stenglin