Seyfert
Musikerfamilie, Musikdirektoren bei St. Anna
Autoren: Günther Grünsteudel, Dr. Josef Mančal
Stand/Quelle/Datum: 22.03.2011
- 1) Johann Caspar, * 1697 Augsburg ?, † 26.5.1767 Augsburg. Schüler Philipp David Kräuters. Konnte sich dank eines Stipendiums des Gymnasiums bei St. Anna 1720-1723 bei dem Violinisten Johann Georg Pisendel und dem Lautenisten Silvius Leopold Weiß in Dresden vervollkommnen. 1723 Chorregent bei St. Anna. 1741-1766 Nachfolger Kräuters als Musikdirektor. 1747 wurde unter seinem Einfluss eine neue Kantorei-Ordnung erlassen. Das 1748 erschienene erste von der weltlichen und der kirchlichen Obrigkeit autorisierte Augsburger Gesangbuch entstand sehr wahrscheinlich unter konzeptueller Beteiligung Seyferts. Von seinem Schaffen – der Musiklexikograph Ernst Ludwig Gerber spricht von „vielen vortreflichen Kirchenstücken und anderen Musiken, auch einigen Oratorien“– hat sich nur wenig erhalten. In den 1930er Jahren konnte er auch als Schöpfer der vierten Tracht des ‚Augsburger Tafel-Confects‘ (1746), der Fortsetzung der ebenfalls in Augsburg erschienenen drei Trachten Johann Valentin Rathgebers (1733-1739), identifiziert werden.
- 2) Johann Gottfried, * 11.5.1731 Augsburg, † 12.12.1772 Augsburg. Sohn von 1). Musikalische Ausbildung in der Kantorei bei St. Anna, Violine und Komposition beim Vater, Klavier u. a. bei Jan Zach, der sich bis ins Frühjahr 1745 immer wieder in Augsburg aufhielt. Komponierte bereits als 15-Jähriger ein Passionsoratorium, das ihm ein Stipendium für eine mehrjährige Studienreise einbrachte (1747-1753; u. a. Bayreuth, Leipzig, Dresden, Berlin, Venedig und Wien). Zu seinen Lehrern zählten Johann Adolf Hasse, Carl Philipp Emmanuel Bach, Carl Heinrich und Johann Gottlieb Graun sowie Georg Christoph Wagenseil. Nach seiner Rückkehr 1753 Substitut, 1766 Nachfolger seines Vaters als Musikdirektor. Führendes Mitglied der 1752 gegründeten ‚Musik liebenden und übenden Gesellschaft‘ (Collegium musicum). Seine der Vorklassik verpflichteten Werke (v. a. Sinfonien, Solokonzerte, Kammermusiken, Oratorien, Kantaten und kleinere geistliche Werke) wurden von den Zeitgenossen hochgeschätzt. Christian Friedrich Daniel Schubart (1739–1791) zufolge gehörte er „unter die trefflichen Musiker unsers Jahrhunderts. Er war nicht nur einer der gründlichsten deutschen Clavierspieler […]; sondern legte sich auch mit so glücklichem Erfolg auf die Composition, daß in der kurzen Zeit seines Lebens, der Nahme Seyffert, durch ganz Europa scholl.“
Literatur:
Hieronymus Andreas Mertens, Lobschrift auf Herrn Johann Gottfried Seyfert, in: Journal von und für Deutschland 5 (1788), 12. Stück, 468-486
Franz Krautwurst / Wolfgang Zorn, Bibliographie des Schrifttums zur Musikgeschichte der Stadt Augsburg, 1989
Kai Köpp, Johann Georg Pisendel und die Anfänge der neuzeitlichen Orchesterleitung, 2005, 166–169, 268, 416, 444–447
Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Personenteil 15, 22006, 649-651
Günther Grünsteudel, „Cantate Domino canticum novum“. Zur Geschichte der Musikpflege bei St. Anna, in: St. Anna – eine Kirche und ihre Gemeinde, 2011 [in Vorbereitung].