Langenmantel I
(Longum Pallium, ’vom Sparren’, ’von Rohrbach’, ’von Radau’), Patrizierfamilie
Autor: Dr. Peter Geffcken
Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe
- 1272-1591 in Augsburg nachweisbar; 1538 eines der acht noch blühenden ’Alten Geschlechter’. Der ab 1272 fassbare Hartmann (I, † 14.3.1301/06) erscheint 1288 als einer der beiden ersten Stadtpfleger. Wohl wegen seiner Funktion als Judenpfleger (1298) führte er einen Adler im Siegel (1299). Neben ihm werden ab 1280 seine Brüder Konrad (I, † 10.2.1302/04?) und Heinrich (I, † 6.7.1300?/06) genannt, Letzterer amtierte 1292 ebenfalls als Stadtpfleger. Die Langenmantel erscheinen im ausgehenden 13. Jahrhundert (z. T. mit dem Oheim Marquard von Lauginger) als die bedeutendsten Aufkäufer von Liegenschaften im Augsburger Umland: neben Streubesitz vor allem Erwerb von Honsolgen (1290), Agawang (1291), Bliensbach (1294), Zusmarshausen (1295) und wahrscheinlich Oberottmarshausen. Die Mittel stammten aus ihrer Tätigkeit als Kaufleute und Finanziers. 1291-1295 ist ein Langenmantel mit Geschäftsbeziehungen zum Tiroler Hof belegt; mehrere Langenmantel und der mit ihnen zusammenarbeitende Marquard von Lauginger erscheinen mit großen Forderungen in den Rechnungen (1291/94) der bayerischen Herzöge. 1301 gaben Hartmann (I), sein Schwiegersohn und ein Neffe ein großes Darlehen an König Albrecht. Hartmanns bedeutendes Erbe, darunter Oberottmarshausen und Bliensbach, kam über die Erbtochter Mechthild an die Schongauer. Schon 1288 hatte er eine große Stiftung an St. Servatius gemacht und damit die engen Beziehungen der Langenmantel zu dem Siechenhaus begründet. Die Nachkommen seiner Brüder formierten eigene Linien.
- Zusmarshausen und ein großer Teil von Agawang fiel an die Nachkommen Heinrichs (I). Der als Weinhändler belegte Sohn Heinrich (III, † 13.9.1326/27) erwarb 1325 außerdem Langerringen. Seit 1320 im Rat fassbar, wurde er 1323 zum Stadtpfleger gewählt. In der Erbteilung ging Zusmarshausen an die Bach verloren. Sohn Johann (III, † 1380/82) musste 1376 Langerringen verkaufen; der Besitz in Agawang fiel an den Schwiegersohn, 1409 war die Witwe sogar gezwungen, das Haus am Weinmarkt zu veräußern. Von ihren Söhnen gelang es nur Heinrich (V, † 1437/38), sich durch Heirat noch einmal zu sanieren. Mit den Geistlichen, Nikolaus und Magister Ulrich, der 1464 die erste Augsburger Studienstiftung errichtete, erlosch die Linie.
- Die Linie Konrads wurde von seinem Sohn, Ritter Johann (I) Langenmantel ’genannt Lop’ († 8.11.1337), fortgesetzt. 1304 wurde er zum Stadtpfleger gewählt. Sein aus dritter Ehe mit Margaretha von Rohrbach stammender Sohn Johann (II, ’von Rohrbach’, † nach 1389) begründete die jüngere Rohrbach-Radauer Seitenlinie, deren Angehörige z. T. nur als ’Radauer’ in den Quellen erscheinen. Johann (II) trat in Augsburg kaum hervor. Große politische Bedeutung erlangte dagegen sein ältester Sohn Johann Langenmantel (’von Radau’, † 1426/28), der 1387-1419 dem engeren Führungszirkel angehörte und zehnmal als Stadtpfleger amtierte. Politischer Erbe wurde sein spätgeborener Sohn Leonhard († 1470), der letzte der Seitenlinie. Als langjähriger Stadtpfleger zählte er 1449-1470 zum inneren Führungskreis. Sein Erbe (u. a. Aystetten, Hainhofen, Ottmarshausen) fiel an die Schwiegersöhne. Der älteste Sohn von Johann (I), Konrad (III, ’beim Salzstadel’, † 1363/64), amtierte ab 1353 dreimal als Stadtpfleger. Als Nachfolger im Rat siegelte sein ältester Sohn Peter (’beim Salzstadel’, † 1419/20) den ersten Zunftbrief. Nach längerer Pause erschien er 1388 wieder im Rat und wurde 1399 Stadtpfleger. Der früh verstorbene mittlere Sohn Johann (IV, † 1401/02) blieb unbedeutend. Einer seiner Nachkommen war Eitelhans Langenmantel; er wurde 1528 als Täufer hingerichtet. Schon Ende des 14. Jahrhunderts war der jüngste Sohn Hartmann (II, † 1419) in den Vordergrund getreten, der mit dem Erbe seiner Ehefrauen eine gezielte Erwerbspolitik betrieb. Am wichtigsten war der Kauf von Binswangen (1412), das in den folgenden 150 Jahren Kern des Grundbesitzes der Familie wurde. Mit einem Anschlagvermögen von 4080 fl (1408, 18. Stelle) stand er an der Spitze der Langenmantel ’vom Sparren’. Ab 1403 ist er im Rat belegt, nachdem sich der kinderlose Bruder Peter aus der Politik zurückgezogen hatte. Auch dem Sohn Hartmann (IV, † 1466) gelang es, durch günstige Heiraten seine wirtschaftliche Position zu sichern: mit einem Anschlagvermögen von 5772 fl war er 1455 (18. Stelle) wieder der reichste Augsburger Langenmantel; vorübergehend erscheint er als Pfandbesitzer der Herrschaft Kühlental. Seit 1454 im Rat, erscheint er kurzfristig auch im engeren Führungszirkel. Sein Sohn Johann (IX, † 1505) machte schon in jungen Jahren Karriere: Kaum wahlfähig, gelangte er über die Etappen Gericht (1474) und Alter Rat (1476) in den Kleinen Rat (1477), wurde 1478 anstelle des ermordeten Jos Onsorg zum Bürgermeister (Stadtpfleger) gewählt und zählte in den folgenden drei Jahrzehnten zu den wichtigsten politischen Köpfen (13mal Bürgermeister). Wohl für seine Verdienste als Hauptmann des Schwäbischen Städtebundes wurde er in den Ritterstand erhoben. Nach seinem überraschenden Tod folgte ihm im Amt des Bürgermeisters der Bruder Georg († 1521). Beider Söhne erscheinen in der Folge als landesfürstliche Beamte, was in Bayern den Übergang in den landsässigen Adel vorbereitete. Von Johanns Söhnen amtierte Markus († 1540) seit 1505 als bayerischer Pfleger in Mering, der bis 1547 im Rat genannte Matthäus († 1551) scheint in sächsische, ein weiterer Sohn Lukas in braunschweigische Dienste getreten zu sein. Von Georgs Söhnen war Sigmund bayerischer Pfleger in Kelheim und Ulrich herzoglicher Rat. Als letztes Mitglied der Familie wurde Joachim (I, † 1559) noch einmal Mitglied im Geheimen Rat und Bürgermeister. 1541 hatte er das Dorf Binswangen übernommen, mit dem 1560 die Söhne Joachim (II, † 1596) und Lukas belehnt wurden. Schon 1561, wohl in Zusammenhang mit dem Konkurs Joachims, verkauften die Brüder das Dorf um 11.000 fl an David Baumgartner, wegen dessen Zahlungsunfähigkeit es schließlich an die Langauer fiel. 1591 gab Joachim (II) sein Bürgerrecht auf.
- Langenmantelstraße (Stadtjägerviertel, Amtlicher Stadtplan I 8), benannt nach den Geschlechtern der Langenmantel.
Literatur:
Paul von Stetten, Geschichte der adelichen Geschlechter in der freyen Reichsstadt Augsburg, 1762, 70 ff.
Johann Nepomuk von Raiser, Guntia, 1823, 50 f.
Anton Werner, Die örtlichen Stiftungen für die Zwecke des Unterrichts und der Wohltätigkeit in der Stadt Augsburg, 1899, 4, 7, 14, 20, 174
Franz Bastian, Oberdeutsche Kaufleute in den älteren Tiroler Raitbüchern 1288-1370, 1931
Kurt Ansorge / Fritz Lilienthal, Archivalische Quellen zur Geschichte der ältesten Augsburger Langenmantel, in: Blätter des Bayerischen Landesvereins für Familienkunde 10 (1965/67), 191-214
Eduard Zimmermann, Augsburger Zeichen und Wappen, 1970, 1381-1386, 4544, 5518, 5849
Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon 7, 21989, 145 f.
Fritz Peter Geffcken, Soziale Schichtung in Augsburg 1396-1521, 1995, München Diss. 1983, 140, 197, Anh. 7-220, 221-231
Augsburger Eliten des 16. Jahrhunderts, 1996, 446-451.