Lang II

(Longus, ’von Werd’, ’von Wellenburg’), Patrizierfamilie

Autoren: Dr. Peter Geffcken, Prof. Dr. Georg Kreuzer

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • 1310 (1300?) bis 1526 in Augsburg nachweisbar. 1498 Reichsadel. Die Identität der patrizischen Lang des 15. Jahrhunderts mit den Lang ’von Werd’ ist bisher nicht sicher nachgewiesen, jedoch durch Siegelvergleich mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erschließen. Ein ’Ulricus Longus civis in Werde’ erscheint 1293 als Zeuge. Bei ihm handelt es sich offensichtlich um den 1292 als Weinlieferant Herzog Ludwigs des Strengen erwähnten ’longum civem werdensem’, der noch bis 1298 in Donauwörth fassbar ist. Wahrscheinlich ist er auch identisch mit jenem ’Ulricus de Werdea’, der 1300 mit seinem Sohn Konrad Augsburger Bürgerrecht erwarb, denn der im bayerischen Teilungsvertrag von 1310 als Gläubiger genannte ’Lang von Werde’ war Augsburger Bürger; sein Darlehen von 3200 Pfund fatierte in Augsburger Pfennigen. Ab 1318 lassen sich Ulrich Lang ’von Werd’ († 19.10. vor 1330) und Konrad (I) Lang ’von Werd’ († 20.4.1344), also wohl Vater und Sohn, mit vollem Namen fassen. Konrad (I) wurde 1320 erstmals zum Stadtpfleger gewählt und zählt bis 1340 zu den führenden Augsburger Politikern. Die häufige Verwendung als Gesandter zum König und eine Jahrtagsstiftung in Dießen sprechen für weiterhin gepflegte Kontakte zum bayerischen Herzogshaus. In Augsburg erscheint er 1325 als Weinhändler. Seine beiden Söhne sind bis 1377 meist im Umfeld der eng verwandten Onsorg nachweisbar. Danach fehlen fast 25 Jahre Belege für patrizische Lang; eine zeitweilige Abwanderung erscheint nicht ausgeschlossen. Als Patrizier sicher identifizierbar ist erst wieder Paul (I, † 1437/ 38), der bei seiner ersten Erwähnung 1401 ein Anschlagvermögen von nur 360 fl versteuerte, während seine Frau etwa 1000 fl (1402) in die Ehe einbrachte. In den nächsten Jahren ist eine erfolgreiche Beteiligung am Fernhandel belegt. 1413 erscheint er als Venedighändler; auch sein 1411-1416 erwähnter Handelsdiener Friedrich Kön war für ihn wohl in Italien tätig. Ab 1413 im Rat nachweisbar, gelangte er 1420 in den engeren Führungszirkel und wurde 1426 zum Stadtpfleger gewählt. Wohl wegen seiner politischen Karriere scheint er sich in den 1420er Jahren aus dem Handel zurückgezogen zu haben. Der älteste Sohn Paul (II, † 1437) starb vor dem Vater, die fünf jüngeren Söhne verschwinden 1440, nach Ächtung des Jüngsten wegen Urkundenfälschung, aus den Quellen. Kinder sind nur für Paul (II) belegt. Der Älteste, Johann (I, † 1509/10), wurde 1470 in den Rat und 1475 zum Dreizehner gewählt, gab aber um 1475, nach Erbanfall von Wellenburg, sein Bürgerrecht auf. Den Ratssitz übernahm der jüngere Bruder Paul (III, † 1511/12), der bis 1500 in dieser Funktion belegt ist. Leonhard (I, † 1498/ 99) amtierte nur als Richter. Als Kaufleute lassen sich die Brüder nicht fassen. Nach Teilung des recht bedeutenden mütterlichen Erbes (1465) versteuerten sie nur noch mittlere Vermögen. Leonhard zählte nach Heirat mit der vermögenden Witwe des Bernhard Rehlinger 1486 allerdings zu den zehn reichsten Augsburger Bürgern. Sein Sohn Leonhard (II) ist als letztes Mitglied der Lang in der Herrenstube belegt (1522); 1526 gab er sein Bürgerrecht auf. Bei den anderen Lang begannen sich die Bindungen an Augsburg schon ab 1510 zu lösen. Von Pauls (III) Söhnen wirkte Paul (IV, † 1521) als Domkustos in Freising; auch Thomas († 1522/ 32) lebte offensichtlich außerhalb Augsburgs, Andreas Lang († um 1531) ist 1512 als Pfleger in Straßberg bezeugt. Am deutlichsten lässt sich der Übergang in den Landadel bei Johann (I) und seinen Nachkommen verfolgen. Nach Anfall eines Teils der Herrschaft Wellenburg von dem Verwandten Ulrich Onsorg wurde er 1475 ’landsässig’. Er bewohnte allerdings nicht das ’Schloss’, das im Besitz einer anderen Linie der Onsorg war, sondern einen Sitz in Göggingen. 1492 nahm er wieder Bürgerrecht an, wurde aber noch 1501 von Kaiser Maximilian zum Pfleger von Wellenburg ernannt. Seine Erben verkauften den Wellenburger Besitz 1511 an den Miterben Matthäus (I), der über die Mittel verfügte, die Anteile der Miteigentümer abzulösen und die Herrschaft in einer Hand zu vereinigen.


  • Matthäus (I, * 1468/69 Augsburg, † 30./31.3.1540 Salzburg), Sohn des Johann (I), studierte in Ingolstadt, Tübingen und Wien. Wahrscheinlich noch vor 1493 war er Sekretär des Erzbischofs von Mainz und Erzkanzlers Berthold von Henneberg. Als enger Mitarbeiter Maximilians I. kumulierte er zahlreiche Pfründen, von denen die Dompropsteien von Augsburg und Konstanz die einträglichsten waren. 1498 Erhebung in den Adelsstand (’von Wellenburg’). 1501 Koadjutor des Bischofs von Gurk, 1505-1523 Bischof von Gurk. Seitdem für Maximilian häufig in diplomatischen Missionen tätig, die er geschickt zur Mehrung seines Besitzes nutzte. Seit 1511/12 Kardinal. Nach Maximilians Tod (1519) wurde er politisch weitgehend entmachtet. 1519-1540 Erzbischof von Salzburg, 1521 Bischof von Cartagena, ab 1529 Primas von Deutschland. Mit Augsburg blieb er zeitlebens verbunden und errichtete sich auf der Wellenburg ein prächtiges Domizil. Wissenschaften und Kunst gegenüber aufgeschlossen, gehörte er der Sodalitas Litteraria Augustana an. Seine üppige Hofhaltung erregte schon bei den Zeitgenossen Aufsehen; der Chronist Wilhelm Rehm bezeichnet ihn als ’Speckbuob’ und ’Hurenjäger’.
  • Matthäus-Lang-Straße (Links der Wertach-Nord, Stpl. I 7).
  • Im Zusammenhang mit dem politischen Aufstieg des Matthäus (I) signalisieren der Ritterschlag der Brüder Johann und Lukas sowie verändertes Konnubium die Neuorientierung der Familie. So wurde Apollonia (* um 1475/80, † 4.2.1520), die nach Sender als Geliebte Herzog Georgs von Bayern die Karriere ihres Bruders Matthäus nachhaltig förderte, mit Graf Julius von Lodron (1498) und Graf Christoph Frangipani (1510?) vermählt. Das letzte Bindeglied zu Augsburg war die vom Vater hinterlassene ’Behausung’ Hinter dem Schwalbeneck (Lit. C 37/40). Sie wurde 1511 von Lukas (I, † 1535?) übernommen, der weiterhin im Raum Augsburg präsent war: er verwaltete offensichtlich auch den Wellenburger Besitz und war seit 1516 Pfandbesitzer der bayerischen Pflege Mering. 1538 erhielten seine Söhne Matthäus (II), Lukas (II), und Marx (III, † 1579) von ihrem Onkel Matthäus (I) die Herrschaft Wellenburg. Sie fiel, nachdem mit Marx das Geschlecht erloschen war, über dessen Erbtochter an David Ungnad Freiherr von Sonnegg.

Literatur:

Paul von Stetten, Geschichte der adelichen Geschlechter in der freyen Reichsstadt Augsburg, 1762, 121 f.

E. Oefele, Rechnungsbuch des oberen Vicedomamtes Herzog Ludwigs des Strengen 1291-1294, in: Oberbayerisches Archiv 26 (1865/66), 298

Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert 22, 66, 270

Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben 1, 1952, 218-228

5, 1956, 45-69

Eduard Zimmermann, Augsburger Zeichen und Wappen, 1970, 3532

Joachim Jahn, Zur Geschichte der Herrschaft Wellenburg von Mitte 14. bis Ende 16. Jahrhunderts, in: Heimatverein für den Landkreis Augsburg: Jahresbericht 1978/79, 156-173

Contemporaries of Erasmus 2, 1986, 289

Neue deutsche Biographie 16, 1990, 394-397

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 4, 1992, 1078-1083

Ernst Hintermaier, Erzbischof Matthäus Lang, in: Salzburg zur Zeit des Paracelsus, 1993, 29-40

Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448-1648, 1996, 406-410

Johann Sallaberger, Kardinal Matthäus Lang von Wellenburg, 1997.

Kardinal Matthäus Lang von Wellenburg