Graf

Friedrich Hartmann, * 23.8.1727 Rudolstadt (Thüringen), † 19.8.1795 Augsburg, Flötenvirtuose, Komponist, Musikdirektor bei St. Anna

Autoren: Günther Grünsteudel, Dr. Josef Mančal

Stand/Quelle/Datum: 22.03.2011

  • Musikalische Ausbildung bei seinem Vater Johann Graf, Konzertmeister und später Kapellmeister der Rudolstädter Hofkapelle. Nach einigen Jahren als Militärmusiker seit 1759 in Hamburg, wo er u. a. die ersten öffentlichen Subskriptionskonzerte in der Stadt leitete. Anschließend ausgedehnte Konzertreisen durch Europa. Ab den späten 1760er Jahren stand er jeweils für kürzere Zeit in Diensten des Grafen zu Bentheim-Steinfurt und des Prinzen von Oranien, ehe er Anfang 1773 dem Ruf als Musikdirektor der evangelischen Kirchen in Augsburg als Nachfolger Johann Gottfried Seyferts folgte. Gründete 1776 eine Konzertgesellschaft, die bis 1781 während der Wintermonate im Fuggersaal am Zeugplatz (Fuggerhäuser) öffentliche Konzerte veranstaltete. Obwohl sein eigentliches Betätigungsfeld die Instrumentalmusik war – insbesondere für sein Hauptinstrument schrieb er zahllose konzertante und kammermusikalische Werke, die in Manuskriptkopie oder in gedruckter Form in ganz Europa kursierten –, tat sich Graf vor allem in den ersten Jahren seiner Augsburger Tätigkeit in nicht unerheblichem Maße auch mit geistlichen und kirchenmusikalischen Werken hervor. Zu nennen sind zahlreiche Kantaten, darunter auch ein allerdings verschollener kompletter Kantatenjahrgang (1779), diverse Friedensfestmusiken, Psalmvertonungen und sonstige kleinere Vokalwerke, Passionsmusiken sowie eine Reihe von Oratorien (‚Das befreyete Israel‘, 1775; ‚Die Sündfluth‘, 1778; ‚Die Zurückkunft des verlohrnen Sohns‘, 1779).

    Während sich Wolfgang Amadé Mozart, der Graf 1777 in Augsburg kennenlernte, über dessen Kompositionskünste ziemlich abfällig äußerte, war das Urteil der damaligen Musikwelt einhellig positiv. Dies belegt nicht nur die weite Verbreitung von Grafs Werken, sondern auch eine Reihe hoher und höchster Ehrungen eindrucksvoll: 1779 Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie der Musik in Stockholm und Ehrenmitglied der Gesellschaft der Freien Künste in Kopenhagen. 1783 und 1784 „resident composer“ des von Wilhelm Cramer geleiteten ‚Hanover Square Grand Concert‘ in London. 1789 verlieh ihm die Universität Oxford, wie einige Jahre später auch Joseph Haydn, das Diplom eines „Doktors der Musik“. Die zunehmende Vernachlässigung der Kantorei infolge seiner durch die auswärtigen Erfolge bedingten häufigen Abwesenheiten von Augsburg führte nach seinem Tod zu geänderten Berufungskriterien für das Amt des Musikdirektors.

Literatur:

Paul von Stetten, Kunst-, Gewerb- und Handwerksgeschichte der Reichs-Stadt Augsburg, 1779, 550 ff., 555 f.

1788, 317

Clytus Gottwald, Die Musikhandschriften der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, 1974, 236–238

Franz Krautwurst / Wolfgang Zorn, Bibliographie des Schrifttums zur Musikgeschichte der Stadt Augsburg, 1989

Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Personenteil 7, 22002, 1462-1464

Günther Grünsteudel, „Cantate Domino canticum novum“. Zur Geschichte der Musikpflege bei St. Anna, in: St. Anna – eine Kirche und ihre Gemeinde, 2011 [in Vorbereitung].