Brauwesen

Autor: Dr. Peter Geffcken

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Schon durch das Stadtrecht von 1156 ist für Augsburg. das Brauen von Bier als Gewerbe bezeugt; Strafandrohungen für die Herstellung von minderwertigem Bier (’quando tabernarius vilem facit cerevisiam’) lassen auch die Existenz von Qualitätsvorschriften erschließen. Ab 1284 ist die bauliche Trennung (Brandgefahr) der Brauanlagen von den Wohnhäusern fassbar; 1348 werden z. B. als Nebengebäude ’daz malzhus (Malzdarre), daran daz priuehus (Brauhaus)’ erwähnt, wobei zur Ausstattung ’der kessel, die pottigen (Bottiche) und priuegeschirr (Braugeräte)’ zählten. Außerdem zeigt ein Zolltarif des 14. Jahrhunderts, dass Bier schon in besonders großen, für gewerbliche Zwecke hergestellten Kupferkesseln gesotten wurde; für einen ’kessel der grosz ist’ musste man einen Pfennig, für ’bader-, blaycher- oder bierschenkenkessel’ dagegen vier Pfennige bezahlen.

    Nach der Chronik des Brauers Jörg Siedeler wurde 1540 in Augsburg die erste ’Braupfanne’ aufgestellt. Indizien sprechen zwar für eine Erhöhung der Einsudmenge im 16. Jahrhundert; ob wegen der neuen Bezeichnung geschlossen werden muss, dass man erst damals zu einer besonders flachen Kesselbauweise überging, erscheint nicht gesichert. Indizien lassen schon gegen Mitte des 15. Jahrhunderts in Augsburg eine Ausweitung der Bierproduktion vermuten. Seit dieser Zeit informieren uns die Quellen auch über Details der Herstellung. 1442 wurde vorgeschrieben, nur frisches Wasser aus Brunnen oder von bestimmten Stellen an Wertach und Lech zum Brauen zu benutzen. Die im gleichen Jahr entstandene Brauerordnung setzt auch die traditionelle Verwendung von Hopfen voraus. Sein Anbau ist im Augsburger Umland bei Wertingen und Zusmarshausen bezeugt. Der Zusatz von Kräutern, Samen und Wurzeln war nach den Brauordnungen von 1549 und 1657 zwar verboten, scheint in der Praxis aber immer wieder vorgekommen zu sein. Ob sie zur Würzung oder zur Hopfensubstitution beigemischt wurden, ist nicht erkennbar; möglicherweise hatten sie auch narkotisierende Wirkung: Prozessakten berichten von Leuten, die ’tobig und unsinnig’ wurden.

    Wahrscheinlich wurde in Augsburg noch im 14. und 15. Jahrhundert Bier mit Honig gesüßt (im Hochmittelalter: ’cerevisia melita’); als Ablieferer des ’Honigungelds’ (1400, 1410 auch ’Prewenungeld’) erscheinen durchgängig Brauer (1391-1464) und schon das Stadtrecht von 1276 (Art. 14, 15) lässt darauf schließen, dass sie Großverbraucher von Honig waren. Eine Verwendung für Met ist nicht auszuschließen, aber unwahrscheinlich; trotz guter Quellenlage sind im 15. Jahrhundert keine Indizien für einen nennenswerten Metkonsum erkennbar. In Augsburg wurde üblicherweise mit Gerste und Weizen gebraut. Die Angabe der älteren Literatur, dass 1433-1550 nur Hafer vermalzt werden durfte, resultiert aus einer unzulässigen Verknüpfung einzelner Ratserlasse; das Verbot des Brauens mit Gerste und Weizen 1433 war Reaktion auf eine akute Verknappung von Brotgetreide. Ähnliche Beschränkungen wurden auch später als Instrument der Preispolitik auf dem Getreidemarkt genutzt. Seit dem 16. Jahrhundert ist das Brauen von untergärigem Bier bezeugt; jeweils zu Beginn der Brauperiode mussten sich die Brauer entscheiden, entweder preiswertes obergäriges Bier oder höherwertige untergärige Biersorten herzustellen. Vorgeschrieben war außerdem die Beachtung von Lagerzeiten und eine Qualitätsprü­fung durch Geschaumeister (Sauer- und Süßbiergeschauer). Diese hatten auch das Pantschen mit altem Bier zu unterbinden. Seit 1819 galt in Augsburg die bayerische Brauordnung (Reinheitsgebot von 1516).

    Eine Spezialisierung auf Vertrieb oder Herstellung wurde in reichsstädtischer Zeit durch Verkaufsverbote für fremdes Bier und Produktionsbeschränkungen (alternierende Brautage; Begrenzung der Malzmengen, im 17. Jahrhundert abhängig von der Biersorte) verhindert. Nach ihrer Aufhebung sind bei einzelnen Brauereien deutliche Erhöhungen der Sudmengen erkennbar. Um 1850 setzte ein Konzentrationsprozess bei den Braustätten ein, der sich, nach dem Übergang zur industriellen Bierproduktion in den 1970er Jahren, noch beschleunigte. In dieser Phase wurde auch das ergiebigere schwäbische Satzmaischverfahren (’auf Satz ziehen’) zugunsten des großtechnisch sichereren bayerischen Dreimaischverfahrens aufgegeben. Der hohe Investitionsbedarf förderte im ausgehenden 19. Jahrhundert den Übergang zur Betriebsform der AG. Ähnlich wie im 17. und 18. Jahrhundert existierten 1830 noch 98 Braustätten (72 Braunbier-, 14 Weißbier- und 12 Braun- und Weißbierbrauereien). Bis 1903 hatte sich ihre Zahl auf 47, bis 1939 auf 13 reduziert; gegenwärtig gibt es in Augsburg noch fünf große Brauereien: Augusta-Brauerei, Brauhaus S. Riegele, Hasenbräu, Thorbräu, Zur Goldenen Gans.

Literatur:

Das Stadtbuch von Augsburg insbesondere das Stadtrecht vom Jahre 1276, 1872, 43, 265, 312

Richard Knoblauch, Braugeschichtliches aus dem alten Kloster St. Gallen, 1929

Hans Merkel, Die Augsburger Brauereirealrechte, 1931

Hans Eberlein, 350 Jahre Hasenbrauerei Augsburg, 1939

Handbuch der bayerischen Geschichte 3/2, 21979, 1073.