Bäcker

Autoren: Dr. Peter Geffcken, Prof. Dr. Reinhold Reith

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Schon im Stadtrecht von 1156 lassen sich die Bäcker als organisiertes Gewerbe fassen, das der Aufsicht des Burggrafen unterstellt war. Nach dem Stadtrecht von 1276 hatten sie von ihm das 'Amt' zu empfangen und dafür bestimmte 'Bann'- Abgaben zu leisten. Wegen der zentralen Bedeutung von Brot für die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung zählte das Bäckerhandwerk zu den am stärksten reglementierten Gewerben der Stadt. Qualitäts- und Gewichtskontrollen sowie Brottaxen ('Anschlag', 'Satz') als Instrumente zur Steuerung des Brotmarkts sind im 13. Jahrhundert belegt, lassen sich aber schon für das 12. Jahrhundert erschließen. Wegen fehlender Kleinstmünzen wurden keine Preise für Gewichtseinheiten vorgeschrieben: Man ging den umgekehrten Weg und legte nach Probebackgängen ('kusprot bachen') fest, wieviel z. B. ein Pfennig-Brot der verschiedenen Sorten zu wiegen hatte. Änderten sich die Getreidepreise, so wurde das Gewicht der Brote entsprechend verringert oder erhöht. Das Stadtrecht von 1276 erwähnt Weizen- und Roggenbrot in je zwei Qualitätsstufen, Gerste-Roggen-Mischbrot, wohl nur in beschränktem Umfang hergestelltes Haferbrot, außerdem Brezen aus Weizenmehl. Zwar ergaben sich bei den Sorten im Laufe der Zeit Veränderungen, wohl bis zum Ende der reichsstädtischen Zeit wurde aber vom Rat vorgeschrieben, welche Brotsorten gebacken werden durften.

    Seit Mitte des 13. Jahrhunderts ist der Verkauf auf öffentlichen Verkaufsständen ('Brottischen') bezeugt, die an zwei Plätzen in der oberen und unteren Stadt lagen. Obwohl schon 1283 als Brothaus bezeichnet, handelte es sich anfänglich wohl um hölzerne Ladenkomplexe auf den Straßenmärkten. Ende des 14. Jahrhunderts wurden sie in festen Gebäuden (z. B. Tanzhaus, Bäckerhaus) untergebracht. Der Marktzwang erleichterte die Tätigkeit der 'Brotgeschauer' und war eine wesentliche Voraussetzung für das Greifen der städtischen Steuerungsinstrumente. Um ein ausreichendes Angebot zu gewährleisten, durften an bestimmten Tagen auch auswärtige B. ihre Ware vom Wagen verkaufen. Bei Einführung der Zunftverfassung 1368 bildeten die Bäcker eine Einzelzunft. Mit je zwei Vertretern im Kleinen und im Alten Rat zählten sie zwar zu den 'großen' Zünften, als einzige dieser Gruppe stellten sie jedoch nie einen Stadtpfleger und blieben auch in zentralen Ratsämtern unterrepräsentiert. Hierfür sind auch strukturelle Gründe erkennbar: Die Zunft zählte nur wenige Vermö­gende, zumeist Personen, die als Kaufleute oder Wirte fassbar sind, während Bäcker, die nur das Handwerk ausübten, in der Regel nicht besonders wohlhabend waren, vermutlich weil die Preistaxen die Einkommensmöglichkeiten stark einschränkten. Folge war auch eine z. B. im Vergleich zu den Metzgern höhere familiäre Fluktuation; nur in Einzelfällen ist die Etablierung von 'Ratsfamilien' fassbar, die über mehrere Generationen führende Zunftrepräsentanten stellten (z. B. König). Entgegen gängigen Vorstellungen waren nicht alle Bäcker Mitglieder der Zunft; im 15. Jahrhundert lassen sich 'Sauerbecken' in der Zunft der Hucker nachweisen. Auch bei den 'Lebzeltern', die süßes Feingebäck herstellten, ist nicht eindeutig geklärt, ob sie üblicherweise in der Bäckerzunft organisiert waren. Von 1475 bis 1536 stieg die Zahl der Zunftgenossen von 104 (+ fünf Witwen) auf 142, wobei offen bleibt, wieviele das Handwerk auch ausübten. Mit Einführung der Karolinischen Regimentsordnung 1548 wurde die Bäckerzunft als Träger politischer Partizipationsrechte aufgehoben. Das Handwerk selbst blieb als Korporation bestehen, seine Leitung lag nun in der Hand von Vorgehern, die der Rat einsetzte.

    Obwohl die Bevölkerung weiter wuchs, nennen die Musterungslisten von 1615 und 1619 nur noch 135 bzw. 129 Bäcker. Wahrscheinlich steht dieser Rückgang in Zusammenhang mit strukturellen Veränderungen im Handwerk: Wie bei den Brauern vollzog sich auch bei den Bäckern im 16. Jahrhundert der Übergang von der personalen zur realen (an einem Anwesen haftenden) Gewerbegerechtigkeit, nachdem die Zahl der Backstätten begrenzt wurde. Neben den Bäckern mit eigenem Haus erscheinen nun auch arme 'Nach'-Bäcker, die ihr Handwerk im Haus eines anderen Meisters ausüben mussten. Nach dem 30jährigen Krieg ging die Zahl der Bäcker deutlich zurück, wobei das Handwerk eine aktive Rolle spielte. Durch Aufkauf und Einfrieren von Bäcker- Gerechtigkeiten versuchte es, die Zahl der Bäcker zu reduzieren und somit die Umsätze und damit die Einkommensmöglichkeiten zu verbessern. Im 18. Jahrhundert hatte sich ihre Zahl bei 80-90 eingependelt, das Kataster von 1818 nennt noch 88 Bäcker-Gerechtigkeiten. 1848 wurde das Handwerk als Korporation aufgelöst, 1873 wurde der Bäcker-Meisterverein gegründet, an dessen Stelle 1883 die Bäcker- Innung trat.
  • Die Bezeichnung Bäckergasse (Lechviertel, Amtlicher Stadtplan K 9) ist seit dem 15. Jahrhundert belegt, im 14. Jahrhundert wurden die Häuser dieser Gasse als unter den 'oberen Becken' bzw. 'unteren Becken' gelegen bezeichnet.

Literatur:

Das Stadtbuch von Augsburg insbesondere das Stadtrecht vom Jahre 1276, 1872, 194-198, 245, 312

Ludwig Haider, Geschichte des Bäckergewerbes der Stadt Augsburg, 1925

Walter Groos, Beiträge zur Topographie von Alt-Augsburg, 1967, 68-72

Roland Bettger, Das Handwerk in Augsburg beim Übergang der Stadt an das Königreich Bayern, 1979, 64, 69-71

Reinhold Reith, Arbeits- und Lebensweise im städtischen Handwerk. Zur Sozialgeschichte der Augsburger Handwerksgesellen im 18. Jahrhundert, 1988, 72-75

Bernd Roeck, Bäcker, Brot und Getreide in Augsburg, 1987.