Martini

Autoren: Günther Grünsteudel, Prof.Dr. Wolfgang Wüst

Stand/Quelle/Datum: 5.5.2010

  • Der Kaufmann Clemens (I) Martini (* 12.12.1799 Biberach, † 3.8.1862 Augsburg) kaufte 1832 eine Leinwandbleiche in Haunstetten und 1847 die vormals Froelich’sche Bleiche am Hanreibach, die Johann Georg Käß, ein entfernter Verwandter, kurz zuvor von Wilhelm Butz erworben hatte, und gründete mit Käß als Teilhaber eine Textilveredelungsfirma, die schon bald zu den führenden ihrer Art in Deutschland zählte. 1860 Einstieg in die Färberei und Besitztrennung zwischen Käß, der das Haunstetter Werk übernahm, und Martini, der mit seinem Bruder und Teilhaber Fritz (1801-1876) den Augsburger Betrieb (’Martini & Cie.’) leitete. Nach seinem Tod führten seine Neffen, die Vettern Wilhelm (1828-1894) und Viktor (1834-1898), das Unternehmen weiter. 1882 traten Wilhelms Söhne Clemens (II, 1859-1937) und Ludwig (1860-1941) in die Firma ein, die im gleichen Jahr um eine Textildruckerei erweitert wurde und insgesamt 200 Personen beschäftigte. Seit 1885 eigene Krankenkasse, 1888 betriebliche Altersversorgung. 1888 wurde das Haunstetter Stammwerk zurückgekauft und fortan von Ludwig geleitet. 1914 rund 1000 Beschäftigte; während des Ersten Weltkriegs waren beide Werke weitgehend stillgelegt. Nach dem Krieg Hochkonjunktur bis 1928; 1929 musste die Belegschaft von 1200 auf 1000 verringert werden. 1936 Umwandlung der GmbH in eine KG, Rückzug von Clemens und Viktor aus der Firmenleitung, die sich nun die Vettern Clemens (III, 1892-1953), Wilhelm (1898-1979) und Hans-Edgar (1904-1986) teilten. Im Februar 1944 wurde das Werk Augsburg zu 85 Prozent zerstört. In Haunstetten wurde der Betrieb bereits 1945, in Augsburg erst 1948 wieder aufgenommen. 1949 Fusion mit der Firma Carl Freudenberg, Weinheim, Gründung der ’Fremawerk, Martini & Co KG’ zur Produktion von Haushaltstextilien auf Vliesstoffbasis (’Vileda’). 1968 Verkauf der Textildruckerei an die Prinz AG. 1972 wurde ’Martini & Cie.’ in einen von der Dierig Holding AG beherrschten Verbund eingebracht. 1993 Schließung des Werks Haunstetten. Martini ist heute eine mittelständische Holding in den Bereichen Immobilien und Forstwirtschaft.
  • Martinistraße (1973, Haunstetten-Ost und -Süd, Amtlicher Stadtplan K 14/15), benannt nach dem Firmengründer.

Literatur:

Ferdinand A. Oldenburg, Die Fabriken von Augsburg, 1850, 27 ff.

Karl Otto Pöhl, Ein Band durch fünf Generationen, 1957

Wolfgang Zorn, Handels- und Industriegeschichte Bayerisch-Schwabens 1648-1870, 1961

Wolfgang Zorn / Leonhard Hillenbrand, Sechs Jahrhunderte schwäbische Wirtschaft, 1969

Wolfgang Wüst, Die soziale Frage in der Fabrikarbeiterschaft und die betrieblich patriarchalischen Lösungsmodelle in Augsburg zur Zeit der Industrialisierung, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 45 (1982), 67-86

Neue deutsche Biographie 16, 1990, 296.

Wilhelm Martini