Haßler

(Hassler), Musikerfamilie

Autoren: Günther Grünsteudel, Dr. Josef Mančal

Stand/Quelle/Datum: 16.11.2011

  • 1) Hans Leo, getauft 26.10.1564 Nürnberg, † 8.6.1612 Frankfurt/Main. Seine musikalische Ausbildung erhielt er - wie auch sein Brüder 2) und 3) - beim Vater, dem protestantischen Organisten Isaak Haßler (* um 1530 Joachimsthal/Böhmen, † begraben 14.7.1591 Nürnberg). Wichtige Eindrücke dürften ihm auch die Werke des Lasso-Schülers Leonhard Lechner vermittelt haben, der zwischen 1575-1584 als Schulgehilfe in Nürnberg wirkte. 1584 führte Haßler ein anderthalbjähriger Studienaufenthalt nach Venedig. Dort war er Schüler Andrea Gabrielis, mit dessen Neffen Giovanni Gabrieli er sich befreundete. Wahrscheinlich auf Vermittlung seines Lehrers trat er mit dem Hause Fugger in Verbindung und spielte im März 1585 in Augsburg bei einer Fugger-Hochzeit "das Ambt, und bey der hochzeit". Anfang 1586 trat er trotz seines evangelischen Bekenntnisses endgültig in die Dienste der Fugger und zwar als Kammerorganist von Octavian Secundus Fugger, für den er, abgesehen von einem Intermezzo bei Christoph Fugger 1597/98, bis zu dessen Tod im Jahr 1600 tätig war. Daneben wirkte er als Organist an St. Moritz. In Augsburg stieg Haßler zu einem der berühmtesten und bedeutendsten Komponisten seiner Zeit auf, dessen Werke in viele Sammelwerke Eingang fanden und der ab 1590 mit kaiserlichem Druckprivileg auch eigene Sammlungen veröffentlichte, so die Christoph Fugger gewidmeten ’Canzonette a quatro voci’ (Nürnberg 1590) oder die Oktavian Secundus Fugger dedizierten ’Cantiones sacrae’ (Augsburg 1591); Letzterem widmete er noch kurz vor dessen Tod mit der Sammlung 'Missae quaternis, V. VI. et VIII. vocibus' (Nürnberg 1599) einige seiner herausragendsten Werke. Von Pfingsten 1600 bis zum 6.12.1601 amtierte Haßler als Leiter der Augsburger Stadtpfeifer. Zum Rücktritt von diesem Amt sah er sich gewzungen, da er bereits seit 16.8.1601 auch als "Oberster Musikus" der Reichsstadt Nürnberg fungierte, wo er bis 1604 wirkte. Danach nahm er bis 1608 seinen ständigen Wohnsitz in Ulm. Im Frühherbst 1608 trat er schließlich als Kammerorganist in die Dienste des Kurfürsten Christian II. von Sachsen und nach dessen Tod (1611) in die seines Nachfolgers Johann Georg I. Die ihm zugeschriebene Erfindung oder Verbesserung von Musikautomaten, für die er 1601 ein kaiserliches Privileg erhielt, ist wahrscheinlich unberechtigt, wie der Musikautomatenprozess von 1647-1651 zeigte (Bidermann, Langenbucher). Haßler betätigte sich zusammen mit seinen Brüdern 2) und 3) auch als Montanunternehmer und Finanzmakler für Christoph Fugger und Kaiser Rudolf II., der ihn nicht nur mit Druckprivilegien ausstattete, sondern ihn zusammen mit seinen Brüdern 1595 auch adelte und 1605 mit einer Wappenbesserung versah.
  • Haßlerstraße (1973, Spickel, Amtlicher Stadtplan K 10; zuvor seit 1936 Max-Reger-Straße).
  • 2) Kaspar, getauft 17.8.1562 Nürnberg, † 19.8.1618 Nürnberg. Bruder von 1). 1586 Organist an St. Egidien, seit 1587 in gleicher Funktion an St. Lorenz in Nürnberg. Das Organistenamt an St. Sebald schlug er 1596 wegen zu großer Arbeitsbelastung aus, übernahm es aber Ende 1616 doch noch von seinem Schwager Hans Christoph Haiden, der es seit 1596 innegehabt hatte. 1587/88, 1614 und 1616 reiste Haßler, einer der führenden Orgelfachleute jener Zeit, mehrmals unerlaubterweise zu den Fuggern nach Augsburg, geriet deshalb mit dem Rat der Stadt Nürnberg in Konflikt und entging nur knapp dem Gefängnis.

  • 3) Jakob, getauft 18.12.1569 Nürnberg, † zwischen Ende April und Ende September 1622 Eger (?). Bruder von 1). Genoss ab 1585 in Augsburg auf Initiative des Nürnberger Rats eine Ausbildung zum Stadtpfeifer, machte aber bald auch schon als Organist von sich reden. 1591 ermöglichte ihm Christoph Fugger, der ihn als Kammerorganist in seine Dienste nahm, eine Studienreise nach Italien, wo er wahrscheinlich bei Giovanni Gabrieli in Venedig Unterricht erhielt. Seine Bewerbung um die Nachfolge seines Bruders 1) in der Leitung der Augsburger Stadtpfeifer wurde durch den Magistrat 1601 wegen eines Vaterschaftsprozesses (1596) abgelehnt, der ihm eine kurzzeitige Haft und die vorübergehende Ausweisung aus Augsburg eingetragen hatte. Erst als namhafte Persönlichkeiten, unter ihnen sein Bruder 1) und Mitglieder der Familie Fugger, sich für ihn verbürgt hatten und er selbst seine Ehebereitschaft bekundete, durfte er nach Augsburg zurückkehren, wo am 12.2.1597 dann auch die Hochzeit stattfand. Noch im gleichen Jahr kehrte Jakob Haßler der Stadt den Rücken und trat als Organist in die Dienste des Grafen Eitelfriedrich von Hohenzollern in Hechingen. 1602 wurde er zum kaiserlichen Kammerorganisten berufen. 1606 verlieh ihm Kaiser Rudolf II. eine Laienherrnpfründe bei Heilig Kreuz in Augsburg. Ein erneuter Versuch, sich in Augsburg niederzulassen, scheiterte 1620 unter Hinweis auf den früheren Prozess.

Literatur:

Ernst Fritz Schmid, Hans Leo Haßler und seine Brüder, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 54 (1941), 60-212

Neue deutsche Biographie 8, 1969, 53-55

Musik in Bayern, Katalog, 1972, bes. 232-235

Eva Groiss, Automatophone Musik, in: Die Welt als Uhr, 1980, 127-132

Fränkische Lebensbilder 11 (1984), 140-162

Franz Krautwurst / Wolfgang Zorn, Bibliographie des Schrifttums zur Musikgeschichte der Stadt Augsburg, 1989

Krautwurst, Die Fugger und die Musik, in: Die Fugger und die Musik, 1993, 41-48

Die Fugger und die Musik, 1993, 148 f., 166 f.

The New Grove Dictionary of Music and Musicians 11, 22001, 119-126

Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Personenteil 8, 22002, 828-844 (mit umfassendem Literaturvorzeichnis)

Franz Krautwurst, Hans Leo Hassler (1564-1612), in: Ders., Franconia cantat, 2006, 19-41

Hartmut Krones, Deutsches und Italienisches bei Hans Leo Haßler, in: Musikalische Aufführungspraxis in nationalen Dialogen des 16. Jahrhunderts 1, 2007, 183-205.

Hans Leo Haßler