Waisenhäuser
Autor: Peter Lengle
Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe
- Bis 1572 gab es keine Waisenhäuser außer dem Findelhaus. Waisenkinder wurden mit Unterstützung des Rates von Ziehfrauen in deren Familien großgezogen. 1572 erwarb das Almosenamt ein eigenes Haus in der Bäckergasse (Lit. A 134/135), das 200 Kinder aufnehmen konnte. Aufgenommen wurden Waisen mit Bürgerrecht und ohne vermögende Verwandte, Kinder von Spitalinsassen und Kinder von Eltern, die der Stadt verwiesen worden waren. Die Hauseltern waren für Kleidung, Erziehung und eine rudimentäre Schulbildung verantwortlich. 1649 wurde das Haus an der Bäckergasse den Protestanten zugesprochen. Die Katholiken eröffneten daraufhin am Katzenstadel ein Haus (F 215/216), das mehrmals umgebaut wurde. Finanziert wurden beide Waisenhäuser vom Almosenamt. Die Sterblichkeit in den Waisenhäusern war mit ca. 96 Prozent sehr hoch. Zur Versorgung in Not geratener Kinder existierten noch die Armenkinderhäuser beider Konfessionen, seit 1778 eine kleine Kinderanstalt und seit 1834 Kleinkinderbewahranstalten für Kinder Werktätiger. 1961 wurde die Katholische Waisenhaus-Stiftung (1572) aus der städtischen Verwaltung entlassen. Seit 1984 St.-Gregor-Heim der Katholischen Waisenhaus-Stiftung mit Zentrum Auf dem Kreuz und mehreren Außenwohngruppen sowie einer heilpädagogischen Tagesstätte und einer Jugendwerkstatt.
- Waisengässchen (Lechviertel, Amtlicher Stadtplan K 9), benannt nach dem alten Waisenhaus in der Bäckergasse.
Literatur:
Wolfgang Zorn, Geschichte der Augsburger Waisenhäuser, in: Lebensbilder deutscher Stiftungen 3, 1974, 339-349
Horst Jesse, Die Geschichte der Evangelischen Kirche in Augsburg, 1983, 267 ff.
Claus Peter Clasen, Armenfürsorge in Augsburg vor dem Dreißigjährigen Krieg, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 78 (1984), 105-107
Peter Rummel, Katholisches Leben in der Reichsstadt Augsburg (1650-1806), in: Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 18 (1984), 141
Karl Mühlbauer, Die Entstehung von Kleinkinderbewahranstalten und die Beschäftigung von Kindern in Fabriken als Folge des Aufbruchs in das Zeitalter der Industrie, in: Aufbruch ins Industriezeitalter 2, 1985, 356-363
Anita Obermeier, Findel- und Waisenkinder, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 83 (1990), 129-162
Eva Haupt, '... für seine Bürgers Waisen arm ...', 1996
Thomas Max Safley, Charity and economy in the orphanages of early modern Augsburg, 1997.