Kraffter
(Craffter, Krafter), Kaufmannsfamilie
Autoren: Prof. Dr. Mark Häberlein, Dr. Christina Dalhede
Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe
- Um 1484 erwarb Lorenz Kraffter († 1521) das Bürgerrecht in Augsburg. Indizien weisen auf familiäre Beziehungen nach Nürnberg. Er wurde Mitglied der Kürschnerzunft. Der rasche Anstieg seines Anschlagvermögens von 200 (1484) auf 6200 Gulden (1516) lässt allerdings auf eine Tätigkeit als Kaufmann schließen. Seine Tochter Maria heiratete Jakob Hörbrot. Seine Söhne Hieronymus (I, * 1502, † 23.6.1566), Alexander († 1553), Jakob († 1554) und Christoph († 1588) waren Mitte des 16. Jahrhunderts erfolgreiche Großkaufleute und wurden 1548 vom Kaiser nobilitiert. Hieronymus unterhielt Geschäftsbeziehungen zum Kaiserhof, zum Herzog von Bayern und zum Heidelberger Hof, handelte mit Gewürzen und Textilien auf den Frankfurter und Leipziger Messen und hatte Verbindungen nach Antwerpen, Venedig, Bologna, Florenz, Lucca und Verona. Er belieferte die päpstliche Münze in Bologna mit Tiroler Silber und richtete 1556 in Bruneck (Südtirol) eine Messinghütte ein. Wegen unerlaubter Silberexporte nach Italien und der Einfuhr minderwertigen Geldes geriet er 1559 in Konflikt mit den Innsbrucker Behörden. Nach seinem Tod wurde seine Firma von den Söhnen Hieronymus (II, † 1597) und Anton († 1593) und den Schwiegersöhnen unter dem Namen ’Hieronymus Kraffter sel. Erben’ fortgeführt. Die Kraffter waren auch im Vieh- und speziell im Ochsenhandel tätig. ’Hieronymus Kraffter sel. Erben’ versorgte seit 1570 den Münchner Hof mit Ochsen. Hieronymus’ (I) Brüder Alexander, Jakob und Christoph betrieben eine gemeinsame Handelsgesellschaft, die Anfang der 1550er Jahre zu den aktivsten Firmen auf dem Augsburger Geldmarkt zählte. Neben Wechselgeschäften mit Antwerpen und Lyon betätigten sie sich vor allem im Textilhandel mit Italien. 1560 ging die damals unter Christophs Leitung stehende Firma infolge von Geldgeschäften zwischen ihm, seinen Schwägern David und Hieronymus Zangmeister und dem König von Frankreich bankrott. 1580 gehörten die Kraffter zu den Stiftern des Anna-Kollegs. Jakobs Sohn Lorenz (II) trat als Beauftragter Augsburger Handelsfirmen (u. a. Cristell und Pemer) in Venedig und auf den östlichen Märkten auf; 1599, 1600 und 1614 war er Konsul im Fondaco dei Tedeschi in Venedig.
Literatur:
Richard Ehrenberg, Das Zeitalter der Fugger 1, 1896, 244
Josef Hagl, Entwicklung des Augsburger Großkapitals […] 1540-1618, München Diss. 1924, 100-103
Gerhard Fischer, Aus zwei Jahrhunderten Leipziger Handelsgeschichte 1470-1650, 1929, 216, 246-259, 317
Jakob Strieder, Zur Genesis des modernen Kapitalismus. Forschungen zur Entstehung der großen bürgerlichen Kapitalvermögen am Ausgange des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit, zunächst in Augsburg, 21935, 198-200
Christel Warnemünde, Augsburger Handel in den letzten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts und dem beginnenden 17. Jahrhundert, 1956, 112 f
Götz von Pölnitz, Anton Fugger 2/1, 1963
Hermann Kellenbenz, Wirtschaftsleben der Blütezeit, in: Geschichte der Stadt Augsburg von der Römerzeit bis zur Gegenwart, 21985, 274
Ders., Der Konkurs der Kraffter in Augsburg, in: Die alte Stadt 16 (1989), 392-402
Christina Dalhede, Oberdeutsche in Schweden, Diss. Augsburg 1992
Zwei Augsburger Unterkaufbücher 1551-1558, 1994, 551, 564
Kurzweil viel ohn‘ Maß und Ziel, 1994, 54 f.
Augsburger Eliten des 16. Jahrhunderts, 1996, 416-430
Christina Dalhede, Augsburg und Schweden in der Frühen Neuzeit, 1998.