Sammelunterkunft (1946)
Sammelunterkunft (1946)
Klaus Müller, Oberbürgermeißter 1947-1964
Klaus Müller, Oberbürgermeister 1947-1964

von Wolfram Baer

Am 28. April 1945 rückten amerikanische Soldaten in die Innenstadt ein und bereiteten dem Dritten Reich in Augsburg ein Ende; dem mutigen Einsatz der 'Augsburger Freiheitsbewegung' unter dem Arzt Dr. Rudolf Lang war es zu verdanken, daß die Stadt kampflos übergeben werden konnte. Das politische und geistige Vakuum und die moralische Verunsicherung durch die Konfrontation mit der Verantwortung für die Ereignisse der zurückliegenden Jahre waren enorm. Auf schnellstem Wege mußten die Grundlagen für eine neue Ordnung von Staat und Gesellschaft geschaffen werden. Die NSDAP wurde aufgelöst, die nationalsozialistischen Amtsträger ihrer Posten enthoben. Die amerikanische Militärregierung setzte einen Militärgouverneur ein und ernannte Stadtrechtsrat Wilhelm Ott, vor 1933 Mitglied der Bayerischen Volkspartei, zum geschäftsführenden Bürgermeister.
Ende April 1945 lebten noch rund 106.000 Menschen in der Stadt; 2760 Wohngebäude mit 12.400 Wohnungen, 72 öffentliche Gebäude, 380 Wirtschafts- und Industriebauten waren zerstört, mehr als 1,1 Millionen Kubikmeter Schutt türmten sich auf. Der Gesamtschaden betrug schätzungsweise 800 Millionen Reichsmark. Zu den mehr als 6000 Gefallenen bzw. während der alliierten Luftangriffe umgekommenen Augsburgern kamen etwa 3500 Vermißte.

Nach den Jahren der - nicht nur - geistigen 'Gleichschaltung' entstand alsbald ein neues Kulturbewußtsein, das seinen Standort zwischen Überlieferung und Neuanfang allerdings erst definieren mußte. Die Besatzungsmacht, die die kommunalen Einrichtungen bei der Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern unterstützte, sah es als ihre vordringliche Aufgabe an, die Menschen an demokratisches Leben heranzuführen. Am 5. Oktober 1945 wurde zur beratenden Unterstützung des kommissarischen Bürgermeisters - Ludwig Dreifuß hatte mittlerweile Ott in dieser Funktion abgelöst - ein Stadtbeirat eingesetzt. Als im November 1947 Klaus Müller (CSU) zum Stadtoberhaupt gewählt wurde, lenkte seit der ersten freien Nachkriegs-Gemeindewahl (26.5.1946) bereits ein demokratisch legitimierter Stadtrat die Geschicke der Stadt. Müllers gewählte Vorgänger, Otto Weinkamm (CSU, 1946) und Heinz Hohner (CSU, 1946/47), waren jeweils nur kurz im Amt.

Bald nach Kriegsende lebten die Parteien wieder auf. Die SPD reorganisierte sich bereits im Sommer 1945; fast gleichzeitig fand die erste Kundgebung der KPD statt. Aus einer Gruppe ehemaliger Mitglieder der Bayerischen Volkspartei entstand die CSU, die im November 1945 ihre konstituierende Sitzung abhielt. Als Vorläufer der FDP trat im Januar 1946 die Liberaldemokratische Partei an die Öffentlichkeit. Ende April 1946 erhielt die Wirtschaftliche Aufbauvereinigung (WAV) ihre Lizenz. Das Auftreten der Bayernpartei (1947) spaltete das bürgerliche Lager. 1948 verlor die CSU ihre beherrschende Stellung und war nur noch etwa gleich stark wie die SPD, während die Bayernpartei immerhin über neun Sitze im Stadtrat verfügte. Bei der Wahl zum ersten Deutschen Bundestag 1949 ergab sich folgende Stimmenverteilung in Augsburg: CSU 28,9, SPD 26,6, BP 13,9, FDP 8,6, KPD 6,9 und WAV 15,1 Prozent der abgegebenen Stimmen.

Die Militärregierung griff jetzt nur noch marginal in das politische Tagesgeschäft ein, auch beeinflußte sie die Parteienentwicklung kaum. Unstimmigkeiten gab es allenfalls in Fragen der Entnazifizierung durch die Spruchkammern. Die Tätigkeit dieser gerichtsähnlichen Organe unter der Leitung des städtischen Personalreferenten Franz Xaver Sennefelder zog sich bis 1949 hin. Die Besatzungsmacht trat insbesondere dann in Erscheinung, wenn es etwa galt, den florierenden Schwarzhandel zu bekämpfen. Die erste Phase der Nachkriegszeit - eine Phase der Konsolidierung - endete mit der Unterzeichnung des Deutschlandvertrages am 26. Mai 1952 in Bonn, der das künftige politische Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und den Westmächten festlegte. Die junge Bundesrepublik Deutschland agierte nunmehr innen- und außenpolitisch souverän, ausgenommen bestimmte, aus der Kapitulation von 1945 abgeleitete Vorbehaltsrechte der Besatzungsmächte (fortgesetzte Stationierung von Streitkräften, Berlinfrage, Friedensvertrag). In der Frühzeit der Bonner Republik waren die bekanntesten Vertreter Augsburgs im Bundestag der langjährige Stadtrechtsrat Josef Ferdinand Kleindinst (MdB 1949-1957), der als Gründungsmitglied der CSU auch im Parlamentarischen Rat bei Beratung und Beschließung des Grundgesetzes mitgewirkt hatte, sowie auf seiten der SPD Valentin Baur (MdB 1949-1961), der bereits von 1924 bis 1933 Stadtrat gewesen war und nach dem Krieg u.a. als Bezirksvorsitzender der schwäbischen SPD amtierte.

Mit der Restitution der politischen Institutionen ging auch ein geistig-kultureller Wiederaufbau einher, der vor allem von Intellektuellen und Künstlern, aber auch von den Kirchen getragen wurde. Am 30. Oktober 1945 startete unter der 'Lizenz Nr. 7' der Militärregierung die 'Schwäbische Landeszeitung'. Lizenzträger waren Curt Frenzel und Johann Wilhelm Naumann, der bereits 1948 wieder ausschied. Die fortan von Frenzel allein herausgegebene Zeitung wurde 1959 in 'Augsburger Allgemeine' umbenannt. Eine erste Ausstellung moderner Kunst nach dem Krieg fand im Dezember 1945 im Schaezlerpalais statt. Der Komponist und Organist Arthur Piechler, der sich als Halbjude während des Kriegs zeitweise ins Allgäu zurückgezogen hatte, erwarb sich große Verdienste um den Wiederaufbau von Konservatorium und Städtischem Orchester.

Da das Stadttheater zerstört war, wurde der Spielbetrieb im Herbst 1945 im Ludwigsbau wiederaufgenommen. Im Oktober dieses Jahres öffnete im Saal der Gaststätte 'Blaues Krügle' im Gignouxhaus am Vorderen Lech auch das Schauspielhaus 'Komödie' ihre Pforten, bis heute zweite Spielstätte der Städtischen Bühnen. Nach siebenjähriger Unterbrechung wurde am 17. Juli 1946 die Freilichtbühne am Roten Tor mit Beethovens 'Fidelio' wiedereröffnet. Der von den Nazionalsozialisten verfolgte Guido Nora und Willy Becker - er hatte das Theater schon während der schwierigen Kriegsjahre geleitet - waren die ersten Nachkriegsintendanten. Namhafte Dirigenten wie Wolfgang Sawallisch, Heinz Wallberg und - einige Jahre später - Istvan Kertész nahmen von Augsburg aus ihren Weg.

Die von dem ehemaligen Oberspielleiter der Städtischen Bühnen Walter Oehmichen im Februar 1948 gegründete 'Augsburger Puppenkiste' erwarb sich - nicht zuletzt über das Medium Fernsehen (erste Fernsehsendung bereits im Januar 1953) - schon bald überregionale Popularität. Im Oktober und November 1949 fand im Schaezlerpalais die erste vom Berufsverband Bildender Künstler veranstaltete 'Große Schwäbische Kunstausstellung' statt. Am 23. August 1952 wurde das erste Deutsche Mozartfest der 1951 in Augsburg gegründeten Deutschen Mozartgesellschaft eröffnet, die unter ihrem Gründungspräsidenten Ernst Fritz Schmid mit der Etablierung dieses 'Wander'-Festivals einen wichtigen Beitrag zu einer systematischen Mozartpflege in Augsburg und anderswo leistete.

Der planvolle Wiederaufbau des zerstörten Augsburg wie auch eine Phase florierender Wirtschaft sind eng verbunden mit der integrierenden Persönlichkeit des langjährigen Oberbürgermeisters Klaus Müller (1947-1964), vor dem Krieg Prokurist und stellvertretender Direktor der Augsburger Kammgarnspinnerei und 1945 einer der Mitbegründer der Augsburger CSU. Am 7. April 1948 - kurz vor der Währungsreform im Juni 1948 - wurde mit dem Bau der in Gemeinschaftsarbeit der Siedler errichteten 'Gedächtnis-Siedlung' im Bärenkeller begonnen, deren von Oberbürgermeister Müller geprägter Name an die Opfer der Bombennacht vom 25. auf den 26. Februar 1944 erinnert. Es war dies ein erstes Signal des Wiederaufbaus der Stadt. Viele im Krieg (teil-)zerstörte Betriebe wurden wiedererrichtet, so etwa die neue Fabrikanlage der Mechanischen Baumwoll-Spinnerei und Weberei (SWA), die im April 1950 eingeweiht wurde. Die neue Lechhauser Lechbrücke konnte am 25. Juli, das Rosenaustadion am 16. September 1951 eröffnet werden.

Die 50er Jahre waren insgesamt eine Zeit bedeutender Bauvorhaben: Im September 1954 etwa wurde der Wiederaufbau des zerstörten Klosters St. Stephan abgeschlossen; das Verlagsgebäude der 'Schwäbischen Landeszeitung' hatte im Oktober 1955 Richtfest; im November 1956 wurde das wiedererstandene Stadttheater feierlich eröffnet und im Juli 1959 Augsburgs erste Stadtautobahn, die Bürgermeister-Ackermann-Straße, ihrer Bestimmung übergeben. Der im Jahr 1951 als Stadtbaurat berufene Walther Schmidt suchte beim Wiederaufbau zwischen dem Erhalt des gewachsenen Gefüges der Altstadt und einer behutsamen Weiterentwicklung zu vermitteln. Der Straßendurchbruch von der Jakobervorstadt zum Theater war der einzige entscheidende Eingriff in die Struktur der Altstadt, sieht man von dem umstrittenen Bau des Stadtwerkehauses an der Stelle des zerstörten Riedinger-Hauses am Hohen Weg ab, das im Juli 1954 Richtfest feierte. Wichtige Gedenktage, wie das 1000jährige Jubiläum der Schlacht auf dem Lechfeld oder die 400. Wiederkehr des Augsburger Religionsfriedens - beide im Jahr 1955 - fielen in diese Zeit.

Der nach der Währungsreform überall im Land einsetzende wirtschaftliche Aufschwung - man sprach vom 'Wirtschaftswunder' - brachte für die Wirtschaftsstruktur Augsburgs mit den traditionellen Schwerpunkten auf dem Textil- und dem Metallsektor zunächst keine wesentlichen Veränderungen. 1950 fanden 29 Prozent der Beschäftigten im Textilgewerbe und 19 Prozent im Maschinenbau Arbeit (vgl. hierzu den Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte der Stadt). Die Einwohnerzahl hatte 1950 - zum Teil durch Zuzug der Vertriebenen und begünstigt durch die florierende Wirtschaft - mit 185.000 Einwohnern wieder ihren Vorkriegsstand erreicht. Neue Wohnsiedlungen entstanden auf dem südlichen Hochfeld und am südöstlichen Stadtrand (Herrenbachviertel und Hochzoll-Nord).

1964 ging die 'Ära Müller' zu Ende. Nachfolger wurde der gelernte Journalist ('Schwäbische Landeszeitung') und profilierte Kommunalpolitiker Wolfgang Pepper, der zuvor jahrelang das Amt des Zweiten Bürgermeisters bekleidet hatte. Erstmals entschieden sich die Augsburger damit für einen Sozialdemokraten und verschafften der SPD die Mehrheit im Stadtparlament. Auch bei der Bundestagswahl 1965 überrundete sie mit 45 Prozent Stimmenanteil die CSU (44 Prozent).

Universität Augsburg: Zentralbibliothek (1985)
Universität Augsburg: Zentralbibliothek (1985)

Bereits in den 50er Jahren gab es Bestrebungen zur Gründung einer Medizinischen Akademie in Augsburg. 1966 beschloß der Bayerische Landtag, ein wirtschafts- und sozialwissenschaftliches Studium im Rahmen einer Hochschule zu errichten. Im gleichen Jahr konstituierte sich das 'Schwäbische Hochschulkuratorium', dem Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kultur der Region Bayerisch-Schwaben angehörten. Am 16. Oktober 1970 wurde die Universität Augsburg mit einem Festakt feierlich eröffnet. Zeitgleich nahm die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät ihre Lehr- und Forschungstätigkeit auf. In den beiden Folgejahren entstanden die Katholisch-Theologische Fakultät - Nachfolgeinstitution der Philosophisch-Theologischen Hochschule Dillingen -, die Juristische Fakultät, die als erste Rechtsfakultät in der Bundesrepublik die sog. Einstufige Juristenausbildung anbot, und die beiden Philosophischen Fachbereiche. 1972 wurde die seit 1958 bestehende Pädagogische Hochschule Augsburg der Universität München integriert. 1981 kam schließlich noch eine Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät hinzu.

Ende der 60er Jahre war der Wiederaufbau Augsburgs im wesentlichen abgeschlossen. Vereinzelt fand man auch den Mut zur Lücke, etwa als man den Rathausplatz, auf dem 1944 das ehemalige Börsengebäude in Schutt und Asche gelegt worden war, nach einem Bürgerentscheid nicht wieder bebaute. Der städtebaulich umstrittene 'Hotelturm' (Höhe: 118 m) mit 200 Appartements und Restaurant im 35. Stockwerk wurde am 1. Juli 1972 seiner Bestimmung übergeben. Von 1974 bis 1979 entstand das Zentralklinikum, das die zunehmend engere Verflechtung Augsburgs mit dem Umland dokumentiert und das bedeutendste gemeinsame Vorhaben von Stadt und Landkreis nach dem Krieg darstellt. 1982 in Betrieb genommen, gehört es heute mit seinen mehr als 1600 Betten zu den größten und modernsten Krankenhäusern in Bayern. Weitere wichtige städtische Bauvorhaben der 70er Jahre waren die 1972 eingeweihte Kongreßhalle, der Neubau der Hauptfeuerwache an der Berliner Allee (1975) und der Umbau des Zeughauses zu einem Bildungs- und Begegnungszentrum (1978/80).

Karl Heinz Englet entzündet das "Olympische Feuer"
Olympische Sommerspiele 1972 im Kanuslalom-Stadion am Eiskanal: Karl Heinz Englet entzündet das "Olympische Feuer"
2000-Jahr-Feier 1985: Inszennierung von Verdis Oper "Aida" auf der Freilichtbühne
2000-Jahr-Feier 1985: Inszennierung von Verdis Oper "Aida" auf der Freilichtbühne
Kurhaustheater in Göggingen (1996)
Kurhaustheater in Göggingen (1996)

Anläßlich der Olympischen Sommerspiele 1972 in München wurde am Eiskanal für die Austragung der Kanuslalom-Wettbewerbe das weltweit erste künstliche Kanuslalom-Stadion mit Tribünen für 24.000 Zuschauer errichtet. Die olympische Strecke hatte eine Länge von 660 m bei einer Breite von 10 m. Alle vier Goldmedaillen gingen an die DDR; die Bundesrepublik errang zwei Silbermedaillen, eine davon der TSV 1847 Schwaben Augsburg, sowie eine Bronzemedaille. Im Zusammenhang mit den olympischen Wettbewerben entstand dort auch das Bundesleistungszentrum für Kanuslalom und Wildwasser.

Im Jahr 1972 wurden im Zuge der Gebietsreform die bisherigen Vorortgemeinden Haunstetten, Göggingen, Inningen und Bergheim nach Augsburg eingemeindet, wodurch sich nicht nur die Einwohnerzahl Augsburgs um über 40.000 erhöhte, sondern das städtische Areal sich auch mehr als verdoppelte. 1971 wurden zunächst Annastraße, Philippine-Welser-Straße, Martin-Luther-Platz, Steingasse und Färbergäßchen zu bestimmten Zeiten für den Fahrverkehr gesperrt, um damit nicht nur eine Verbesserung von Verkehrssituation und Umweltqualität, sondern auch eine Förderung des Einzelhandels im Stadtzentrum zu erzielen. Der ökonomische Erfolg und die Wiederbelebung der Innenstadt mit Wohn- und Freizeitfunktionen führten zur Erweiterung der Fußgängerzonen auf Vorderen Lech und Judenberg (1976), Bürgermeister-Fischer-Straße (1979) und Teile der Bahnhofstraße (1978). Ein rapider sozialer und städtebaulicher Verfall im Lech- und Ulrichsviertel wie auch in der südlichen Jakobervorstadt seit den frühen 70er Jahren führte zu einem langfristig angelegten Sanierungsprogramm, das die Stadt seit Anfang der 80er Jahre ins Werk setzte. Die Sanierungsgebiete gehören heute mit zu den attraktivsten Wohnstandorten Augsburgs.
Bei der Kommunalwahl von 1970 konnte sich Oberbürgermeister Pepper erneut - wenn auch nur knapp - gegen seinen CSU-Mitbewerber (Ludwig Kotter) durchsetzen. 1972, als im Zuge der Eingemeindungen Neuwahlen anstanden, verzichtete er auf eine weitere Kandidatur. Sein Nachfolger wurde Hans Breuer (SPD), der seinen Wahlerfolg 1978 und 1984 wiederholen konnte. 1981 spaltete sich von der örtlichen CSU nach einer turbulent verlaufenen Parteitagssitzung die Christlich Soziale Mitte (CSM) ab. Da die CSM sich an die 1978 mit der SPD geschlossenen interfraktionellen Verträge gebunden fühlte, bildete sie in der Folgezeit zusammen mit der SPD die Stadtregierung. Erst seit der Kommunalwahl 1984 gingen CSU und CSM wieder aufeinander zu. 1988 einigte man sich schließlich auf einen gemeinsamen Oberbürgermeisterkandidaten, und am 18. März 1990 wurde mit dem bisherigen Schulreferenten Peter Menacher der Kandidat der nun wiedervereinigten Augsburger CSU (1989) zum Oberbürgermeister gewählt. Die SPD konnte im 60-köpfigen Stadtrat nur mehr 17 Sitze gegenüber 27 der CSU erringen. Grüne und Republikaner mit jeweils sechs Mandaten ergänzten mit einigen Einzelkämpfern das inzwischen doch recht schillernde Spektrum des Stadtparlaments. Bei der gleichzeitig mit der Kommunalwahl durchgeführten ersten Bundestagswahl nach der Wiedervereinigung errang die CSU beide Direktmandate.

Die 80er Jahre bescherten eine Reihe wichtiger Gedenktage: Das 450. Jubiläum der Confessio Augustana 1980 wurde mit der großangelegten Ausstellung 'Welt im Umbruch' gefeiert, die in der Toskanischen Säulenhalle des Zeughauses und im Goldenen Saal des Rathauses gezeigt wurde, 1983 gedachte man des 500. Geburtstages von Martin Luther und 1985 konnte mit großem Festprogramm, zu dem u.a. auch ein - seither mehrfach wiederholtes - historisches Bürgerfest gehörte, die 2000-Jahr-Feier der Stadt begangen werden; in diesem Jahr wurde auch die Landesgartenschau in Augsburg ausgerichtet.

Der offizielle Festakt zum Stadtjubiläum fand am 28. Juni statt. Bereits seit Januar des Jahres war der1944 zerstörte Goldene Saal des Rathauses wieder der Öffentlichkeit zugänglich. Die vollständige Rekonstruktion der historischen Ausstattung zog sich allerdings noch bis 1990 hin. Seit 1979 war unter der planerischer Leitung von Professor Alois Machatschek (Wien), nachdem ein internationales Architekten- und Kunsthistorikergremium die Möglichkeit der Rekonstruktion des Saales bejaht hatte, an dessen Wiederherstellung gearbeitet worden. Im Goldenen Saal selbst sowie in zwei Fürstenzimmern wurde anläßlich der Fertigstellung die Ausstellung 'Elias Holl und das Augsburger Rathaus' gezeigt. In den Räumen der ehemaligen Druckerei Kieser, in der heute die 'Staatsgalerie in der Kunsthalle am Wittelsbacher Park' untergebracht ist, wurde am 25. April 1985 die Bayerische Landesausstellung 'Aufbruch ins Industriezeitalter' eröffnet, und in der Toskanischen Säulenhalle des Zeughauses fand eine große Ausstellung mit dem Titel 'Die Römer in Schwaben' statt. Der Tag des Augsburger Friedensfestes (8. August) brachte die erstmalige Verleihung des mit 25.000 DM dotierten 'Preises Augsburger Friedensfest' für besondere Leistungen bei der Förderung interkonfessioneller Gemeinsamkeiten. Erster Preisträger war der evangelische Bischof Hermann Kunst. Im selben Jahr (10. Februar) konnte auch die Bert-Brecht-Gedenkstätte im Geburtshaus des Dichters in der Altstadt eröffnet werden, die anläßlich von Brechts 100. Geburtstag 1998 neu konzeptioniert und erweitert wurde. Überregionale kulturelle Akzente setzen in Augsburg seit dem Jubiläumsjahr 1985 die alljährlich im März stattfindenden 'Tage des unabhängigen Films' und das Straßentheaterfestival 'La Piazza' (Ende Juli / Anfang August).

Am 4. Mai 1987 weilte Papst Johannes Paul II. auf seiner Pastoralreise durch Deutschland in der Fuggerstadt; es war der erste Besuch eines Papstes in Augsburg nach mehr als 200 Jahren. Dabei benedizierte er das auf dem Gelände der ehemaligen Nähfadenfabrik Schürer nach Plänen Alexander von Brancas errichtete Priesterseminar St. Hieronymus. Im selben Monat gedachte die Stadt mit einem Festakt auch des 200. Todestages von Leopold Mozart.

Die 80er und 90er Jahre sind gekennzeichnet von sich rapide verschärfenden wirtschaftlichen Problemen. Der spektakuläre Zusammenbruch des Glöggler-Konzerns 1975 steht am Anfang einer Entwicklung, die zusammen mit der Schließung der anderen Traditionsbetriebe des Textilsektors wie der zum Dierig-Konzern gehörenden Firmen Riedinger (1981) und Haunstetten Textil (1982), der im Dezember 1988 endgültig in Konkurs gegangenen SWA oder der NAK (1996) den Niedergang jener Branche beschreibt, die jahrhundertelang eine der Säulen der Augsburger Wirtschaft war. Aber auch der Stellenabbau in anderen Sparten (Siemens, NCR etc.) kennzeichnet eine ökonomisch zunehmend schwierige Situation.

1987 begannen mit dem Beschluß zur Beantragung der Planfeststellung die Vorbereitungen für die - schon im Vorfeld - heftig umstrittene Abfallverwertungsanlage in Lechhausen, dem, abgesehen vom Zentralklinikum, größten Bauprojekt der Augsburger Nachkriegsgeschichte; sie wurde nach Durchführung eines Anhörungsverfahrens seit 1990 errichtet, konnte aber - nach mehrmaligen Störfällen - erst Mitte der 90er Jahre in Betrieb genommen werden. Das seit 1988 kontrovers diskutierte Projekt einer Parkgarage unter der Fuggerstraße wurde in einem Bürgerentscheid (28. Januar 1996) endgültig abgelehnt.
 
Die Augsburger Verkehrsprobleme konnten in den vergangenen Jahren durch eine Reihe von Baumaßnahmen entschärft werden: Bestehende Brücken wurden erneuert (Bismarckbrücke, 1984/85; Hochzoller Lechbrücke, 1991), die Anton-Fugger-Brücke wurde neu gebaut (1997). Die neue Straßenbahnlinie 3 (Stadtbergen - Haunstetten-West) gewährleistet endlich eine angemessene Anbindung der Universität an die Innenstadt. Seit Freigabe der Westtangente am 18. Dezember 1995 wird die Stadt erheblich vom Durchgangsverkehr entlastet; die geplante, das Textilviertel durchtrennende 'Schleifenstraße' wird nach ihrer Fertigstellung zusammen mit der Anton-Fugger-Brücke hier ein übriges tun.
1995 wurde der Bert-Brecht-Preis der Stadt Augsburg erstmals verliehen. Erster Preisträger dieses künftig in dreijährigem Turnus zu vergebenden und mit 30.000 DM dotierten Literaturpreises war Franz Xaver Kroetz. Auf kulturellem Sektor verdienen für die 90er Jahre außerdem die Eröffnung des Naturmuseums (1991), des Kulturhauses 'abraxas' (1995) sowie des restaurierten Gögginger Kurhaustheaters (1996) festgehalten zu werden.

Am 29. April 1998 konstituierte sich ein Zweckverband als Träger der kommunalen Doppelmusikhochschule Augsburg-Nürnberg, zu der das Leopold-Mozart-Konservatorium der Stadt Augsburg und das Meistersinger-Konservatorium der Stadt Nürnberg verschmolzen werden; der Lehr- und Studienbetrieb wird voraussichtlich zum Wintersemester 1999/2000 aufgenommen werden.