Vögelin

(Avicula), Patrizierfamilie

Autor: Dr. Peter Geffcken

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • 1270-1483 in Augsburg nachweisbar. Kirchliches Familienzentrum war der Dom, wo auch Hermann († 2.11.1357) als Vikarier und Johann († 1.1.1370) als Kanoniker wirkten. Seit 1309 sind die Vögelin im Rat nachweisbar und stellten sechs Stadtpfleger sowie eine große Zahl von Ratsherren. Die wirtschaftliche Basis der Familie ist nur fragmentarisch erkennbar. In der Frühzeit lässt sich vereinzelter Grundbesitz in Roggen (1294), Mörishofen (1335) und Göggingen (1318, 1346) nachweisen, erst in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts werden auch größere Besitzkomplexe in Bliensbach und Auerbach fassbar. Indizien deuten darauf hin, dass die Familie im Handel mit Österreich engagiert war. Um für Niederbayern, also auf wichtigen Straßen des Südosthandels, Geleit zu erwirken, entsandte die Stadt 1329 Peter (I, † 1351/55), der 1338 als Pfandbesitzer eines Hauses in Wien belegt ist. Bedingt durch die weite Verzweigung des Geschlechts und eine dünne Quellenbasis lassen sich die frü­hen verwandtschaftlichen Zusammenhänge nicht eindeutig rekonstruieren. Erst Mitte des 14. Jahrhunderts, mit Einsetzen der Steuerbücher, werden neben Einzelpersonen, die schon bald verschwinden, drei Gruppen fassbar, die man nach ihren ältesten Vertretern als Werner-, Heinrich- und Johann-Linie bezeichnen kann. Bedeutendste Persönlichkeit der Werner-Linie, die Anfang des 15. Jahrhunderts erlosch, war der langjährige Stadtpfleger Johann ’Grau Vögelin’ († 1381). Herausragender und zugleich letzter Vertreter der Heinrich-Linie war Stadtpfleger Konrad Vögelin († 1449), der zu den führenden Politikern seiner Zeit zählte und einen großen Teil seines Vermögens für karitative Zwecke stiftete (’Konrad-Vögelin-Geschäft’). Als Söhne eines Johann lassen sich die Brüder Johann ’Bumeister’ († 1365/67), Heinrich ’Schön Vögelin’ († 1376) und Berchtold Vögelin († 1376/77) identifizieren. Auf Berchtold ist der Goldschmiedezweig der Familie zurückzuführen, der in den 1430er Jahren aus den Quellen verschwindet. Die meisten Vögelin des 15. Jahrhunderts zählen zu den Nachkommen des Stadtpflegers Heinrich ’Schön Vögelin’, des wohl bedeutendsten Repräsentanten der Johann-Linie. Sein Erbe fiel nach dem frühem Tod des einzigen Sohns Heinrich († 1362/63) an den Enkel Bartholomäus († 1379/81). Dieser hinterließ zwei Söhne, von denen der ältere Gabriel (I, † 1433/34) als Siegler zeitweilig dem engeren politischen Führungszirkel angehörte. Bei dessen zahlreichen Söhnen werden Zeichen des wirtschaftlichen Niedergangs erkennbar. 1441 müssen sie das kurz zuvor ererbte Pfersee an ihren Vetter Johann Vögelin († 1447) veräußern, die Steuerbücher verzeichnen einen stetigen Vermögensrückgang. Mit Gabriels Sohn Ludwig († nach 1483) erlosch das Geschlecht in Augsburg. In den Steuerbüchern und Ratswahllisten ist er nur bis 1470 nachweisbar. Er scheint jedoch noch 1483, vielleicht als Pfründner des Jakob-Spitals, in Augsburg gelebt zu haben.

Literatur:

R. Hoffmann, Die Augsburger Baumeisterrechnungen 1320-1331, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 5 (1878), 1-220

Eduard Zimmermann, Augsburger Zeichen und Wappen, 1970, 5470 f.

Fritz Peter Geffcken, Soziale Schichtung in Augsburg 1396-1521, 1995, München Diss. 1983, 139, 196, Anh. 7-124, 224-233.