Stadtarchäologie

Autor: M.A. Michaela Hermann

Stand/Quelle/Datum: 24.3.2010

  • In Stadtgebiet von Augsburg wird die Bodendenkmalpflege, ähnlich wie in einer Reihe anderer bayerischer Städte (Kempten) und Landkreise (vor allem in Niederbayern) in Absprache mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege von kommunaler Seite ausgeübt. Im Jahr 1978 wurde dafür, nicht zuletzt im Hinblick auf das 1985 anstehende 2000-jährige Stadtjubiläum, die Planstelle eines wissenschaftlichen Stadtarchäologen am Römischen Museum der Städtischen Kunstsammlungen (jetzt: Kunstsammlungen und Museen) eingerichtet. Davor waren nebenamtlich der Leiter des Maximilianmuseums und ab 1966 der Leiter des damals neu gegründeten Römischen Museums für archäologische Ausgrabungen zuständig. Einen wesentlichen Beitrag zur archäologischen Erforschung Augsburgs verdanken wir Ludwig Ohlenroth, der von 1918 bis 1932 und von 1947 bis zu seinem Tod 1959 in der Stadt tätig war.

    Zu den Aufgaben der Stadtarchäologie gehören heute auch die Erstellung von Gutachten zu Bauplanungen und -genehmigungsverfahren, die Beratung von Bauherren sowie allgemeine fachliche Auskünfte. Vorrangiges Ziel ist die Erhaltung der Denkmalsubstanz. Wo die Zerstörung archäologischer Substanz durch ein Bauprojekt unumgänglich ist, kümmert sich die Stadtarchäologie um die Vorbereitung und Durchführung archäologischer Grabungen. Seit Anfang der 1980er Jahre wurde die Abteilung Stadtarchäologie finanziell und personell stark ausgebaut und wurde zusätzlich unterstützt durch den Einsatz von ABM-Kräften sowie freiwillige Zuschüsse von Bauherren, so dass sie in der Lage war, sämtliche im Stadtgebiet anfallenden Rettungsgrabungen (darunter oft mehrjährige Kampagnen) selbst durchzuführen. Aufgrund allgemeiner Einsparungen kann die Stadtarchäologie mittlerweile weder die Kosten für die Ausgrabungen alleine tragen noch das dafür nötige Personal stellen. Daher regeln seit 2003/2004 Stadtratsbeschlüsse, dass der Veranlasser der Baumaßnahme die Kosten für die Ausgrabung ganz oder teilweise selber zu tragen hat (Verursacherprinzip). Mit der Ausführung werden seither in immer stärkerem Umfang private Ausgrabungsfirmen beauftragt. Die 2000-jährige Siedlungskontinuität hat in Augsburg eine hohe Dichte archäologischer Bodendenkmäler mit einer komplexen Stratigraphie hinterlassen. Das erfordert eine ständige Vernetzung und kontinuierliche Fortschreibung der Grabungsergebnisse, was durch den Einsatz vieler verschiedener Grabungsfirmen zunehmend schwieriger wird.

    In den ersten 30 Jahren ihres Bestehens hat die Stadtarchäologie ca. 150.000 Fundkomplexe geborgen. Sie übernimmt nach wie vor die Reinigung und Inventarisierung des geborgenen Fundguts, die Archivierung der Grabungsdokumentation sowie die erste wissenschaftliche Einordnung und teilweise die Auswertung der Grabungsergebnisse. Zu einigen Themen konnten ausführliche Untersuchungen im Rahmen akademischer Abschlussarbeiten angeregt werden. Seit Jahren gibt es Bestrebungen, alle Dokumente und Funde in einer neuen zentralen Sammlung zusammenzuführen, wo sie fachgerecht aufbewahrt und erschlossen werden können. Dies ist notwendige Voraussetzung, um die Funde dauerhaft für die Allgemeinheit zu sichern und sie für Ausstellungen im Römischen Museum, für Leihgaben sowie als Quellenmaterial für die wissenschaftliche Auswertung zur Verfügung zu stellen.

    Die Archäologie im Stadtgebiet von Augsburg umfasst alle vorgeschichtlichen Epochen von der Jungsteinzeit über die Metallzeiten (besonders in den südlichen Stadtteilen), ein wichtiger Schwerpunkt ist Erforschung der römischen Provinzhauptstadt Augusta Vindelic(or)um / Aelia Augusta (Römische Archäologie) und ihrer Umgebung (Straßen, Friedhöfe, Gutshöfe, Infrastruktur). Zu den weiteren Aufgaben der Stadtarchäologie gehören Ausgrabung und Dokumentation von mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Befunden in der ehemaligen Reichsstadt bis hin zu archäologisch relevanten Spuren der jüngsten Vergangenheit.

Literatur:

Das archäologische Jahr in Bayern 1981 ff.

Fundchronik für das Jahr 1985 ff., in: Bayerische Vorgeschichtsblätter, Beiheft 1-19 (1987-2008) ff.

Lothar Bakker, Haunstetten. Archäologie eines Augsburger Vororts, 1997

Augsburger Beiträge zur Archäologie, Bd. 1-5 (1998-2008)

C. Sebastian Sommer, Zwischen den Stühlen. Kommunalarchäologie in Bayern, in: 100 Jahre Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege 1908–2008, Bd. 3. Katalog, 2008, 364–366

Sebastian Gairhos / Lothar Bakker, Tiefgründige Geschichte: Das römische und mittelalterliche Augsburg, in: ebenda, 367–370

Homepage (www.kunstsammlungen-museen.augsburg.de).

Ausgrabungen in einem frühbronzezeitlichen Gräberfeld an der Postillionstraße in Augsburg-Haunstetten (1992).
Römische Siedlungsspuren bei der Ausgrabung am Pfannenstiel (1998).
Ausgrabungen im römischen Gräberfeld an der Frölichstraße (1985).
Überreste der frühneuzeitlichen Bebauung an der Armenhausgasse (2005).
Fundamente und Untergeschoss der 1893/94 abgerissenen Stadtbibliothek, rechts unten Treppenturm (Im Annahof, 2004).

Literaturhinweise des Wißner-Verlags:

Namenstempel auf römischen Reibschüsseln (mortaria) aus Deutschland: Stefan F. Pfahl

Römische Monumentalarchitektur in Augsburg: Klaus Müller, Johannes Lipps

Der Kastellvicus des 1. Jahrhunderts n. Chr. von Augusta Vindelicum / Augsburg: Bettina Tremmel, Beiträge von Nadja Pöllath

Die Besiedelung östlich des Lechs im Landkreis Aichach-Friedberg während der Römischen Kaiserzeit: Gudrun Schmid

Die römische Wandmalerei in Augsburg: Nina Willburger

Die Stadtmauer der raetischen Provinzhauptstadt Aelia Augusta - Augsburg: Salvatore Ortisi

Augsburger Beiträge zur Archäologie - Sammelband 2000

Grabfunde der späten Bronzezeit und der Urnenfelderzeit von Augsburg-Haunstetten und Friedberg in Bayern: Stefan Wirth