St. Martin

(Kloster)

Autoren: Prof. Dr. Wilhelm Liebhart, Dr. Peter Stoll

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Um 1070 weihte Bischof Embrico eine St.-Martin-Kapelle, die mit der später bezeugten Kapelle St. Martin am Kesselmarkt (Lit. D. 159) identisch gewesen sein dürfte. Nachdem das Domstift 1263 einen Platz bei der Kapelle an die Familie Noteisen verkauft hatte, scheint sich dort, ausgehend von weiblichen Angehörigen dieser Familie, ein klosterartiges Zusammenleben ohne Klausur und Ordensregel (Beghinen) entwickelt zu haben; 1286 gestattete Bischof Hartmann einen Türdurchbruch in die Kapelle. Um 1315 nahmen die Frauen die dritte Regel des hl. Franziskus an (Terziarinnen). Seit 1365 las ein Kaplan, der das Kaplanhaus bezog, täglich die Messe. Während der Reformation löste sich das kleine Kloster auf, 1537 dankte die letzte Meisterin ab. Die bereits 1534 geschlossene Kapelle wurde 1538 abgerissen. Die Stadt verwandte das ihr zugefallene Klostervermögen für das Blatterhaus (Paritätische St.-Martins-Stiftung). Nach 1548 war im Konventgebäude eine Schule untergebracht. Im 18. Jahrhundert barocke Umgestaltung. Nach 1806 Sitz des königlichen Rentamts, zuletzt Dienstwohnungen für Zollbeamte. 1944 zerstört.

Literatur:

Franz Eugen von Seida und Landensberg, Historisch-statistische Beschreibung aller Kirchen-, Schul-, Erziehungs- und Wohlthätigkeitsanstalten in Augsburg, 1812, 789-796

Antonius von Steichele, Geschichte des ehemaligen Frauenklosters St. Martin in Augsburg, in: Archiv für die Pastoral-Conferenzen im Bisthume Augsburg 1 (1848), 574-586

L. Greiff, Beiträge zur Geschichte der deutschen Schulen Augsburgs, 1858

Friedrich Zoepfl, Das Bistum Augsburg und seine Bischöfe im Mittelalter, 1955, 98, 213, 310, 570

Friedrich Roth, Augsburgs Reformationsgeschichte, 1881-1911

K. Haupt, Ehemalige franziskanische Niederlassungen in Augsburg, in: Bavaria Franciscana Antiqua 5, 1961, 422-431

Peter Rummel, Katholisches Leben in der Reichsstadt Augsburg (1650 - 1806), in: Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 18 (1984), 58.