Sozialdemokratische Partei Deutschlands

(SPD)

Autor: Dr. Heinz Münzenrieder

Stand/Quelle/Datum: 5.10.2010

  • 1864 wurde in Augsburg Bayerns erste Mitgliedsgruppe des ’Allgemeinen Deutschen Arbeiter-Vereins’ (ADAV) gegründet. Ab 1870 erschien die sozialistische Zeitung ’Der Proletarier’. Aus Protest gegen die autoritäre Organisation und preußenfreundliche Politik des ADAV gründete 1869 ein kleiner Teil der Mitglieder einen Ableger der von August Bebel und Wilhelm Liebknecht gegründeten ’Sozialdemokratischen Arbeiterpartei’ , während die Mehrheit 1870 eine selbstständige Partei, den ’Allgemeinen Deutschem Sozialdemokratischen Arbeiterverein’, schuf. Durch diese Parteigründung erlangte die Augsburger Sozialdemokratie kurzfristig erhebliche überregionale Bedeutung, und als sich nach einem halben Jahr beide Zweige der Augsburger Arbeiterbewegung wieder als Teil der Bebel/Liebknecht-Partei zusammengeschlossen hatten, war Bayern der erste deutsche Staat mit einer vereinigten sozialistischen Partei. Damals wirkten in Augsburg bekannte Sozialisten wie Leonhard Tauscher, Johann Most, Ignaz Auer und Richard Fischer. Langanhaltende parteiinterne Streitigkeiten, das langsame Anwachsen der Arbeiterbevölkerung sowie eine gut funktionierende soziale Kontrolle, politische Unterdrückung und pazifizierende Wohlfahrtspolitik durch die Großindustrie ließen die SPD bis 1900 fast zur Bedeutungslosigkeit herabsinken. Nicht zuletzt durch den Ausbau eines Netzes von Nebenorganisationen (z. B. Arbeiter-Sänger, -Turner, -Radfahrer, Naturfreunde, Baugenossenschaft, Konsumverein) konnte sich die Partei konsolidieren und unter Hans Rollwagen erstmals ein Landtags-Mandat (1905) erringen und Gemeindebevollmächtigte (ab 1908) stellen; bei der Reichstagswahl 1912 scheiterte Rollwagen erst in der Stichwahl. 1914 zählte die Partei fast 3000 Mitglieder. In der Weimarer Republik baute die SPD ihren kommunalpolitischen Einfluss aus. Die herausragende Persönlichkeit der Parteigeschichte der 1920er Jahre war Clemens Högg, MdL und Bezirkssekretär für Schwaben sowie Gründer bzw. Mitbegründer der Augsburger und schwäbischen Arbeiterwohlfahrt. 1922 fand in Augsburg der deutsche Parteitag statt. Der Zerschlagung der Partei durch die Nationalsozialisten folgte der Aufbau verschiedener Tarn- und Untergrundorganisationen bis hin zu den ’Revolutionären Sozialisten’ unter Führung von Bebo Wager und Hermann Frieb, die 1943 hingerichtet wurden. Högg kam noch im März 1945 im KZ Bergen-Belsen ums Leben. 1945 begann die Augsburger SPD den Neuaufbau mit 1200 Mitgliedern. Heute hat sie 1700 Mitglieder, die in 21 Ortsvereinen auf Stadtteilebene im Unterbezirk Augsburg organisiert sind. Daneben bestehen vier berufs- und fachbezogene Arbeitsgemeinschaften und eine Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialisten (Juso). Seit 2010 ist die Stadträtin Ulrike Bahr Vorsitzende der Augsburger SPD. 1964-1972 stellte die SPD mit Wolfgang Pepper, 1972-1990 mit Hans Breuer und 2002-2008 mit Paul Wengert jeweils den Oberbürgermeister. Im Deutschen Bundestag vertritt sie seit 2002 Heinz Paula. Dessen Vorgänger als MdB waren Valentin Baur (1949-1961), Richard Kohlberger (1961-1972), Max Amling (1972-1990) und Martin Pfaff (1990-2002). Mitglieder des Bayerischen Landtags sind Linus Förster (seit 2003), der Horst Heinrich (1974-2002) nachfolgte, und Harald Güller (seit 2008), der Willi Leichtle (1986-2008) ablöste. Im Stadtrat ist die SPD mit 19 Sitzen (von insgesamt 60) präsent. Vorsitzender der Stadtratsfraktion ist Stefan Kiefer (seit 2008).

Literatur:

Wilhelm Deffner, Geschichte der sozialistischen Arbeiterbewegung in Augsburg 1864-1933, o.J. (hs.)

Schwäbische Volkszeitung, 28.11.1964 (Sonderausgabe)

Eberhard Riegele, Parteientwicklung und Wiederaufbau. Die lokale Neugründung und Politik der SPD in den Jahren 1945 bis 1949 am Beispiel der Stadt Augsburg, Diss. Augsburg 1977

Christian Demuth, Ein schwieriger Beginn. Die frühe Arbeiterbewegung in Augsburg 1848-1875, 2003.


Literaturhinweise des Wißner-Verlags:

Augsburg – die Wiege der bayerischen Sozialdemokratie 1864–1870: Karl Borromäus Murr, Stephan Resch