Sagen

Autor: Prof. Dr. Günther Kapfhammer

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Sagen und sagenartige Überlieferungen der Stadt Augsburg entsprechen, wenn es sich um Reflexionen über die vorrömische und die römische Zeit handelt, den einschlägigen Traditionen von Städten mit vergleichbarer Bedeutung wie Regensburg oder Passau. Dabei zeigt sich, dass internationales, aus gelehrter Produktion vermitteltes Wandergut auf A.ugsburg übertragen und durch einfache Analogieschlüsse mit bestimmten Lokalitäten verknüpft wurde (Pfersee angeblich benannt nach einem römischen Militärtribun namens Verres!). In diesem Sinn wird die Gründung der Stadt, ähnlich wie im Fall Nürnberg, einer Amazonenkönigin oder den Trojanern zugeschrieben. Derartige Gründungsmythen bieten zwar Zugang zu früherem Geschichtsverständnis, vermitteln aber keine verwertbaren Erkenntnisse zur archäologisch erschließbaren oder geschriebenen Geschichte. Einen besonderen Stellenwert in der Sagen-Überlieferung Augsburgs nehmen die Angaben im 'Excerptum ex Gallica historia' in einer Ursberger Handschrift des 12. Jahrhunderts ein. Von den leicht widerlegbaren, ungeordneten und willkürlichen Erzählungen sollte der Hinweis auf eine keltisch-germanische Göttin Cisa und deren Heiligtum die Wissenschaft vor allem seit der ersten textkritischen Edition von Jacob Grimm (1835) beschäftigen, wobei deren Existenz weder eindeutig belegt noch widerlegt werden konnte. Die eigentliche Augsburger Sagen-Überlieferung beginnt im 15./16. Jahrhundert mit Sagen über die Rolle der Weber in der Lechfeldschlacht (955), mit den Erzählungen um Agnes Bernauer jenseits der belegbaren Historie, mit Teufelsaustreibungen, Kometenerscheinungen und Berichten über Missgeburten. Das widersprüchliche Verhalten gegenüber den Juden ist auch in den Sagen nachweisbar. Zentral für das 17. Jahrhundert ist die erst im frühen 19. Jahrhundert festgehaltene Sage vom Steinernen Mann. Im 19. Jahrhundert kam es in Augsburg leider nicht zu einer Sagen-Edition größeren Stils nach dem Vorbild der Brüder Grimm. So fehlt die häufig so ergiebige Aufsammlung von Volkserzählungen, die noch die Lebensverhältnisse des 18. Jahrhunderts reflektierten und in der Sprache der Unterschicht weitergaben.

Literatur:

Sagenbuch der bayerischen Lande, 3 Bde., 1852-1853

Bayerische Sagen und Bräuche 2, 1855 (ND 1954)

Aus Schwaben 1, Sagen, Legenden, Volksaberglauben, 1874 (ND 1969)

Monumenta Germaniae Historica SS 23, 388-390

Jakob und Wilhelm Grimm, Deutsche Sagen, 31891 (diverse ND)

J. Rühfel, Volkskundliches aus der Augsburger Gegend, in: Bayerische Hefte für Volkskunde 6 (1919), 131-212

Alt-Augsburg, 2 Bde., 21928

Bayerische Sagen, 51984

Augsburger Stadt-Sagen, 1985

Schwäbische Sagen, 31993.