Rathaus
(Rathausplatz 2)
Autor: Prof. Dr. Bernd Roeck
Stand/Quelle/Datum: 18.3.2011
- 1260 erste urkundliche Erwähnung eines Rathauses in Augsburg, nach einem Brand um 1290 erneut in Holz erbaut, 1385 Steinbau. Für Erweiterungen 1449 verwendete man angeblich Grabsteine des aufgelassenen jüdischen Friedhofs. 1515/16 einschneidender Umbau durch Jakob Zwitzel. Jörg Breu, Ulrich Apt und Ulrich Maurmüller bemalten die Fassade nach einem Programm Konrad Peutingers. 1614 wurde das alte Rathaus, zuletzt ein spätgotischer Baukomplex mit drei Giebeln und Glockenturm, auf Beschluss des Rates abgebrochen und in der Folge durch Elias Holls Neubau ersetzt; die komplizierte Planungsgeschichte ist durch zahlreiche Quellen nachvollziehbar. Grundsteinlegung am 25.8.1615; am 3.8.1620 fand die erste Ratssitzung im neuen Rathaus statt. Das Augsburger Rathaus, der größte Bau seiner Art in Mitteleuropa, legt Assoziationen an die zeitgenössische Schlossarchitektur (Willibaldsburg bei Eichstätt) nahe. Die Ausstattungsarbeiten wurden 1624 abgeschlossen. Noch 1618 entschied man sich, dem mächtigen Bau zwei Türme mit achteckigen Obergeschossen und Zwiebelhauben aufzusetzen, die ihm nach Holls Worten ein ’heroisches’ Aussehen vermitteln sollten. Schätzungen zufolge beliefen sich die Baukosten auf 85.000 bis 100.000 Gulden. Die klar gegliederte Fassade mit flachem Mittelrisalit und Giebel, den ursprünglich ein vergoldeter Reichsadler aus Bronze schmückte, ist zugleich Ausdruck der Innendisposition, die weitgehend venezianischen Vorbildern folgt: Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss des Mitteltrakts liegen die beiden dreischiffigen Hallen des Unteren und Oberen Fletzes, darüber der zwei Stockwerke und das Mezzaningeschoss einnehmende Goldene Saal und zum Abschluss die niedrige Modellkammer. In den Eckräumen des Erdgeschosses waren die Wachen und verschiedene Gerätschaften untergebracht, darüber befanden sich die Räumlichkeiten der Steuer-, Gerichts- und Bauherren, des Pflegamts und des Rates. Den Goldenen Saal umgaben die vier Fürstenzimmer, die Türme nutzte man als Archiv (Stadtarchiv). Die Fürstenzimmer und der Goldene Saal (benannt nach der reich vergoldeten Kassettendecke) sollten v. a. künftigen Reichstagen dienen. In der Nacht vom 25. auf den 26.2.1944 wurde das Rathaus durch einen Luftangriff bis auf die Außenmauern und die Gewölbe des Unteren Fletzes zerstört. Der Wiederaufbau begann unmittelbar nach dem Krieg. Seit August 1949 wurde der Rohraum des Goldenen Saals für Ausstellungszwecke genutzt. Am 18.4.1962 erste Stadtratssitzung nach der Zerstörung. Seit 1980 schrittweise Rekonstruktion des Goldenen Saales (Fertigstellung 1990) und der Fürstenzimmer, deren erstes 1995 wiederhergestellt wurde. Generalsanierung des Rathauses zur 2000-Jahr-Feier 1985 (Kosten: 18 Mio. DM).
Literatur:
Das Rathaus der Stadt Augsburg, 1886
Ulrich Christoffel, Augsburger Rathaus, 1929
Eberhard P. Hilpich, Das Augsburger spätgotische Rathaus und seine Stellung unter den süddeutschen Rathausbauten, 1968
Jürgen Zimmer, Das Augsburger Rathaus und die Tradition, in: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst 3. Folge 28 (1977), 191 ff.
Augsburg und sein Rathaus, 1985
Bernd Roeck, Elias Holl, 1985, 186-221
Hans Graßl, Monumente bayerischer Geschichte, 1987, 52-67
Bruno Bushart, Das Augsburger Rathaus und seine venezianischen Vorbilder, in: Venedig und Oberdeutschland in der Renaissance, 1993, 223-230
Bernt von Hagen / Angelika Wegener-Hüssen, Stadt Augsburg, 1994, 373-380
Susan Tipton, Res publica bene ordinata, 1996
Hermann Kießling, Der Goldene Saal und die Fürstenzimmer im Augsburger Rathaus, 1997
Ders. / Ulrich Lohrmann, Das Augsburger Rathaus, 112005.
Literaturhinweise des Wißner-Verlags:
Das Augsburger Rathaus - Architektur und Bildgehalt: Renate von Walter