Münzstätten

Autoren: Dr. Peter Geffcken (1) , Dr. Gerlind Werner (2, 3)

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • 1) Bischöfliche Münze: Aus dem Zusammenhang von Prägungen und urkundlichen Nachrichten des 11. Jahrhunderts kann die Verleihung des Münzregals an Bischof Ulrich für das zweite Viertel des 10. Jahrhunderts erschlossen werden. Obwohl die Münzstätte unter ihm größere Bedeutung besaß, dürfte sie bei einer geschätzen Jahresprägung von durchschnittlich 30.000 Pfennigen nur etwa ein Drittel der Regensburger Produktion erreicht haben. Bischof Heinrich (I.) scheint wegen Beteiligung an einem Aufstand gegen den König 978 die Verfügung über die Augsburger Münze verloren zu haben; bis 989 ist sie als Prägestätte der bayerischen Herzöge fassbar. Unter den Bischöfen Liutold und Siegfried (I.) ist nur geringe Prägetätigkeit erkennbar, erst unter Bruno scheint sie sich wieder ausgeweitet zu haben. Wenn 1061 die Urkunde Heinrichs IV. von einer Schenkung oder Verleihung (’dedimus’) der Augsburger Münze berichtet und nicht von einer reinen Besitzbestätigung, so erlangte vielleicht Bischof Heinrich (II.) damals wieder die alleinige Verfügung. Herzogliche Prägungen in Augsburg sind danach nicht mehr fassbar, eine Münztätigkeit des Königs wurde durch das Privileg nicht eingeschränkt. Die herausragende Bedeutung der Münze für die Stadt belegt schon das Stadtrecht von 1156, das u. a. ein Petitionsrecht der Bevölkerung bei Einsetzung des Münzmeisters erwähnt. Das Stadtrecht von 1276 vermittelt dann ein genaues Bild ihrer inneren Organisation und ihrer Rechte. Für die Münzprägung verantwortlich waren der Münzmeister und 12 Hausgenossen. Um die Edelmetallversorgung sicherzustellen, besaßen sie in Augsburg das Monopol des Silberhandels und -wechsels. Da diese Geschäfte in der Münze abgewickelt werden mussten, wurde sie auch offizieller Leistungsort: Noch im 15. Jahrhundert wurde bei größeren Forderungen Zahlung auf der Augsburger Goldwaage vereinbart. Bei internen Angelegenheiten der Münze waren die Hausgenossen vom Gericht des Vogtes und des Burggrafen ausgenommen. Strafhoheit und Weisungsbefugnis besaß nur der Bischof, der auch die Münzveränderungen bestimmte. Durch die Münzverpfändungen von 1272 und 1277 hatte sich die Stadt deren Einkünfte gesichert. Wichtiger erscheint, dass man durch die Verpfändungen sowie Verträge von 1284 und 1290 zumindest zeitweilig auch Einfluss auf die Münzveränderungen erlangte. Seit Anfang des 14. Jahrhunderts mussten Münzmeister und -probierer auch gegenüber dem Rat schwören, die Qualitätsnormen einzuhalten. Die Prägetätigkeit der Augsburger Münze in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts nach Errichtung der zweiten bischöflichen Münzstätte in Dillingen (1356) ist bislang nicht ausreichend geklärt. Die Zerstörung der Augsburger Münze 1388 lässt erkennen, dass der Bischof noch ausschließlich über sie verfügte. Erst die Münzerneuerungsbewegung Ende des 14. Jahrhunderts bot dem Rat die Möglichkeit, umfassendere Rechte durchzusetzen; im Rahmen der nun an der Leitwährung Gulden orientierten Ausprägung von Silbermünzen lagen Qualitätskontrolle und Festsetzung der Wechselkurse in seiner Hand und in der Folge verdichten sich die Indizien für eine wachsende städtische Mitbestimmung. Schon die neuen Augsburger Pfennige von 1396 waren offensichtlich Gemeinschaftsprägungen von Bischof und Stadt. Obwohl erst 1430 bezeugt, ist von Anfang an eine Teilung des Schlagschatzes anzunehmen; von jeder Mark erhielt der Bischof als Inhaber des Regals 4 Pfennige, die Stadt – vielleicht zur Abgeltung von Regiekosten – 2 Pfennige. Der Versuch Bischof Peters von Schaumberg im Streit von 1450/56, diese Entwicklung zu revidieren, blieb erfolglos. Bestimmende Kraft war spätestens seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts der Rat; bestehen blieb die bischöfliche Strafhoheit über die Münze, das formale Recht, den Münzmeister einzusetzen, sowie ein Konsens- und Prüfrecht bei Münzveränderungen. Die Kooperation endete 1521 als die Stadt eigenes Münzrecht erlangte. Letzte Bemühungen des Bischofs, das städtische Münzrecht wieder aufheben zu lassen, scheiterten 1524. In Augsburg ist eine bischöfliche Prägetätigkeit nach 1521 nicht mehr belegt. Wahrscheinlich hatte sich in dieser Zeit auch die alte Organisation der bischöflichen Münze aufgelöst: Die ohnehin nur sporadisch fassbare Institution des Hausgenossen ist 1476 letztmalig sicher bezeugt. Augsburger Prägungen des Bischofs im 17. und 18. Jahrhundert (Reichsmünzen) wurden von der städtischen Münze als zuständiger Kreis-Münzstätte besorgt. Möglicherweise hatte der Bischof im 16. Jahrhundert die Dillinger Münze wieder aktiviert, zumindest für das 17. Jahrhundert ist ihr Betrieb wieder bezeugt.
  • 2) Reichsmünze: Konig Sigismund hatte die Reichs-Münzstätte in Basel 1431 an die Herren Weinsberg verpfändet, die später im Erbgang an die Grafen von Königstein und die Grafen von Stolberg fiel. Aus Furcht vor Unruhen wurde die Basler Münzstätte 1509 nach Augsburg verlegt. Erst nach Intervention Kaiser Maximilians I. gelang es 1514/15 dem Pfandinhaber Eberhard von Königstein, sich mit der Stadt vertraglich über Münzprägung, Münzmeister und Qualitätskontrolle zu einigen. Eine Prägetätigkeit ist 1515-1562 belegt. Nach dem Tod des letzten Pfandinhabers Ludwig von Stolberg († 1574) wurde die Münze eingestellt.
  • 3) Städtische Münze: 1521 gestattete Kaiser Karl V. der Stadt Augsburg, eine eigene Münzstätte zu errichten und Münzen zu schlagen. Schon nach kurzer Anlaufzeit wurde 1522 die Prägetätigkeit aufgenommen und mit den üblichen Unterbrechungen bis zum Ende der reichsstädtischen Zeit aufrecht erhalten. Die Verleihung des Münzrechts bot aber kaum mehr Raum für eine unabhängige Münzpolitik, nachdem die Reichsmünzordnungen, besonders aber die Reichsprobierordnung von 1559, einen recht festen organisatorischen Rahmen geschaffen hatten. Wie andere Stände war auch Augsburg nun an die Münzbeschlüsse der drei korrespondierenden ’oberen Reichskreise’ Franken, Bayern und Schwaben gebunden. Außerdem wurde in Münzsachen die Kölner Mark zum verbindlichen Edelmetallgewicht, im gewerblichen Bereich (Goldschmiede) blieb die alte Augsburger Mark aber weiter in Gebrauch. 1570 bestimmte man auf dem Reichstag zu Speyer Augsburg zu einer der vier offiziellen Münzstätten des Schwäbischen Kreises. Innerhalb der Augsburger Verwaltung war die städtische Münze dem Baumeister unterstellt.

Literatur:

Das Stadtbuch von Augsburg insbesondere das Stadtrecht vom Jahre 1276, 1872, 15-22

K. Friedrich, Die Münzen und Medaillen des Hauses Stolberg, 1911, 116-128

F. von Schrötter, Das Münzwesen des Deutschen Reichs 1500-1566, in: Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, 1911, 35 f.

H. Herzfelder, Die Reichs-Münzstätten Nördlingen und Augsburg unter den Häusern Weinsberg und Königstein, in: Mitteilungen der Bayerischen Numismatischen Gesellschaft 42 (1924), 70-133

D. Steinhilber, Geld- und Münzgeschichte Augsburgs im Mittelalter, in: Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte 5/6 (1954/55), 5-142

Rolf Kießling, Bürgerliche Gesellschaft und Kirche in Augsburg im Spätmittelalter, 1971, 59-62

Herbert Rittmann, Deutsche Geldgeschichte 1484-1914, 1975

Christoph Böhm, Die Reichsstadt Augsburg und Kaiser Maximilian I., 1998, 307-314.