Müller II

Kaufmannsfamilie

Autor: Dr. Peter Geffcken

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • 1465-1476 (1501) in Augsburg nachweisbar; 1465 Herrenstube. 1470 wurden ’Hainrich Moelner von Augsburg und syner gesellschaft’ von der Stadt Köln zwei Fardel Augsburger Barchent zurückerstattet, 1476 noch einmal zahlreiche Waren, die rheinaufwärts arrestiert worden waren. Obwohl die Gesellschaft des Heinrich Müller (so der oberdeutsche Name) damals eine der kapitalstärksten Augsburger Firmen war, wurde ihre Bedeutung von der Augsburg-Forschung nicht erkannt, denn Müller zahlte eine relativ bescheidene Steuer. Bei ihrer Übersiedlung von Nördlingen nach Augsburg 1465 hatten die Brüder Heinrich († 1476) und Melchior M. († 1486) Paktsteuern von 25 bzw. 18 fl durchsetzen können, was bei regulärer Veranlagung einem Anschlagvermögen von 3000 bzw 2160 fl entsprochen hätte. Erst aus dem Zusammenhang der Nördlinger und Augsburger Steuerdaten werden die realen Verhältnisse erkennbar: In Nördlingen hatten 1465 Heinrich 5875 fl (25 % von 23.500 fl) und Melchior 2725 fl (25 % von 10.900 fl) Nachsteuer zu entrichten. 1476 hinterließ Heinrich ein Erbe von über 50.000 fl; sein Vermögen muss 1462-1476 im Durchschnitt um mehr als 2500 fl pro Jahr angestiegen sein. Die Werte für Melchior lassen sich nicht ermitteln: er kehrte 1468 nach Nördlingen zurück (Paktbürger). Schon 1448 ist Heinrich Müller als Leiter einer Gesellschaft bezeugt, die vor allem mit Baumwolle, Barchent und Gewürzen, aber auch mit Buntmetallen und Quecksilber handelte. Hauptteilhaber war Bruder Melchior; eine kleinere Einlage des Bruders Zacharias († 1472/80) war um 1459 gekündigt worden. Für die Firma arbeitete sicher auch Heinrichs Sohn Hans († 1474), von den Schwiegersöhnen offensichtlich (ab 1465?) Leonhard Lauginger und (ab 1474?) Bernhard (I) Rehlinger; eine wichtige Rolle spielte der Handelsdiener Hans Velber († 1504). Der Direkthandel reichte bis in die Niederlande; nachweisbar ist die Firma auch in Venedig (1458), daneben sind Verbindungen nach Straßburg (1460) und Lübeck (1459) sowie eine Faktorei in Ulm (1460) fassbar. Auf der Frankfurter Messe ist Heinrich Müller seit 1438 nachzuweisen, 1453 in Speyer als Verkäufer von Barchent. In Köln dürfte wohl auch Melchiors Schwager, der aus Nördlingen stammende Heinrich Strauß († 1503/05) zu den Geschäftspartnern gezählt haben. Indizien sprechen außerdem für Verbindungen zur Wolff-Gesellschaft. Rechtsnachfolgerin der Müller-Gesellschaft war die 1480 belegte Leonhard-Lauginger-Bernhard-Rehlinger-Gesellschaft. Der aus Nördlingen zugewanderte Christoph Müller († 1501/12), evt. ein Sohn des Zacharias, erwarb 1487 durch Heirat mit Felizitas Fugger Augsburger Bürgerrecht und war vor allem im niederländischen Handel der Lukas-Fugger-Gesellschaft tätig. 1491 war er Pfleger der Kinder des Bernhard (I) Rehlinger.

Literatur:

Quellen zur Geschichte des Kölner Handels und Verkehrs im Mittelalter 2, 1923, 249, 362

Hektor Ammann, Die Nördlinger Messe, in: Aus Verfassungs- und Landesgeschichte. Festschrift für Theodor Mayer 2, 1955, 296

Eduard Zimmermann, Augsburger Zeichen und Wappen, 1970, 6884

Gustav Wulz, Die Stifter des Hochaltars bei St. Georg Nördlingen, in: Der Daniel 8 (1972) H. 2, 2-9

Rolf Kießling, Die Stadt und ihr Land, 1989, 148 f.

Fritz Peter Geffcken, Soziale Schichtung in Augsburg 1396-1521, 1995, München Diss. 1983, 71, Anh. 124-140.