Ministerialität

Autor: Dr. Peter Geffcken

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Teil der sog. ’familia’, des herrschaftlich organisierten Verbandes der unfreien Land- und Stadtbewohner des Früh- und Hochmittelalter, der eine herausgehobene Rechtsstellung besaß und administrative und militärische Aufgaben wahrnahm. Als entscheidender Funktionsträger in Augsburg erscheint noch in der Ulrichsvita (Gerhard) ein durch Treueeid und Amtslehen gebundener ’Verwaltungs- und Militäradel’ (ministri, milites, fideles, vasalli), der nicht zur ’familia’ zählte. Da er der Herrschaft des Bischofs zunehmend entglitt, zog dieser auch Unfreie für qualifizierte Funktionen heran, wodurch im 10. Jahrhundert in der ’familia’ ein Prozess der Differenzierung eingeleitet wurde, der Möglichkeiten für sozialen Aufstieg bot. Schon Mitte des 11. Jahrhunderts sind in größerer Zahl kirchliche ’servientes’ mit besonderem Status fassbar. Mitte des 12. Jahrhunderts erscheint die Entwicklung abgeschlossen: Innerhalb der ’familia’ hatte sich eine Schicht von ’ministeriales’ mit besonderem Recht herausgebildet, die relative Freiheit genoss. Rottenbucher Quellen deuten an, dass das Ministerialenrecht des Hochstifts Augsburg vielleicht auch Vorbild für die Klöster und Stifte der Diözese wurde. Bevölkerungswachstum und Ausbildung einer Bürgergemeinde um das Gericht des königlichen Vogts bewirkten in der Stadt seit Ende des 12. Jahrhunderts eine allmähliche Auflösung der kirchlichen Personenverbände. Die Oberschicht der Ministerialität bewahrte bis ins 13. Jahrhundert einen Sonderstatus (milites residentes), veräußerte dann aber zumeist die Stadtsitze, zog sich aufs Land zurück und ging im Niederadel auf. Andere Teile der Ministerialität, darunter auffällig viele ’villici’ und Inhaber anderer kleiner Ämter, integrierten sich in die Bürgerschaft.

Literatur:

Karl Bosl, Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung des Augsburger Bürgertums vom 10. bis zum 14. Jahrhundert, 1969

Joachim Jahn, Topographie, Verfassung und Gesellschaft der mittelalterlichen Stadt - das Beispiel Augsburg, in: Miscellanea Suevica Augustana, 1985, 9-41.