Mechanische Baumwoll-Spinnerei und Weberei Augsburg

(SWA)

Autoren: Dr. Günter Hägele, Dr. Michaela Schmölz-Häberlein

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Die Mechanische Baumwoll-Spinnerei und Weberei wurde 1837 als AG gegründet. Innerhalb von 18 Tagen gelang Ferdinand von Schaezler die Zeichnung des erforderlichen Aktienkapitals von 1,2 Mio. Gulden (47 Aktionäre, führend die Bankhäuser Obermayer, Schaezler, Erzberger & Schmid sowie Hösslin und Froelich). Seit 1843 war Ludwig August Riedinger technischer Direktor. Inbetriebnahme der ersten Fabrikanlage, des sog. Spinnerei-Altbaus am Proviantbach (heute Johannes-Haag-Straße), am 27.8.1840; das sechsgeschossige, kasernenähnliche Gebäude (1944 zerstört; heute Omnisbus-Betriebshof der Stadtwerke) war der erste große Fabrikbau in Bayern und bot Platz für 300 Spinner mit 76 Spinnstühlen und 500 Weber mit 800 Webstühlen. Bereits 1845 wurde ein Prämiensystem (Grundlohn plus Prämien) eingeführt; die Prämien machten im Schnitt 25 % des Einkommens aus. Die Mechanische Baumwoll-Spinnerei und Weberei erzeugte in den ersten 10 Jahren ihrer Existenz über 1,2 Mio. Stück Kattune und beschäftigte 1851 rund 1200 Arbeiter. 1858 Einsatz einer ersten, von der Maschinenfabrik Reichenbach (MAN) gebauten Dampfmaschine. 1861 Gründung einer Weberschule. Das 1879 in Betrieb genommene Werk II ’Rosenau’ mit 1224 Webstühlen an der Oblatterwallstraße wurde 1972 abgebrochen. Das Werk III ’Proviantbach’ an der Proviantbachstraße entstand in zwei Etappen: 1877-1883 Weberei I (mit dem damals größten Websaal Deutschlands), 1895/98 Spinnerei und Weberei II (Fabrikschloss). 1909/10 wurde an der Otto-Lindenmeyer-Straße das Werk IV ’Aumühle’ errichtet (Glaspalast). Vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs bis zu 3000, 1922 und nochmals 1936 fast 4000 Mitarbeiter. Das betriebliche Wohlfahrtssystem umfasste neben Werkswohnungen auch Sterbekasse (1840), Pensions- und Krankenhilfekasse (1851), Altersheim (1905, Lechhauser Straße) und Kindergarten (1926, Zimmererstraße 44; heute: St.-Simpert-Sonderschule). 1950 erzielten 4500 Beschäftigte einen Umsatz von 53,8 Mio. DM. 1966 ging, wettbewerbsbedingt, aber auch infolge der Modernisierung, die Mitarbeiterzahl auf 2200 zurück. Seit 1972 konzentrierte sich die Mechanische Baumwoll-Spinnerei und Weberei mit jetzt nur mehr 1600 Beschäftigten auf die Erzeugung von Bettwäsche, Rohwaren und Garnen. 1969-1973 erwarb der ’Textilzar’ Hans Glöggler, ursprünglich Baustoffhändler, fünf große Textilfirmen, darunter 1972 auch die Mechanische Baumwoll-Spinnerei und Weberei mit damals noch 900 Beschäftigten, deren Sicherheiten (v. a. Grundbesitz und Wohnungen) er in Spekulationsgeschäften einsetzte. Konkursverfahren seit 1976; 1988 endgültige Stillegung. Bereits 1987 Erwerb des Glaspalasts durch die Stadt Augsburg. Die künftige Nutzung der Fabrikgebäude ist nach wie vor unklar. Zum SWA-Ensemble gehör(t)en neben Direktoren-Villen und dem Gelände des SWA-Fußballvereins FC Wacker die Arbeiterkolonien an der Lechhauser Straße (1867, abgebrochen 1970) und im Proviantbachquartier (ab 1892). Das ehemalige Werksarchiv der Mechanische Baumwoll-Spinnerei und Weberei wird heute vom Stadtarchiv verwaltet.

Literatur:

100 Jahre Mechanische Baumwoll-Spinnerei und Weberei Augsburg, 1937

Wolfgang Zorn, Handels- und Industriegeschichte Bayerisch-Schwabens 1648-1870, 1961

Ilse Fischer, Industrialisierung, sozialer Konflikt und politische Willensbildung in der Stadtgemeinde, 1977, 157 f.

Wilhelm Ruckdeschel, Technische Denkmale in Augsburg, 1984, 110-122

Romantik und Restauration, 1987, 316-319

Augsburg zu Fuß, 109-125

Astrid Debold-Kritter, Augsburg in frühen Photographien 1860-1914, 1979, 178-183

Dies., Schutzwürdige Industrielandschaft, in: Stadtbauwelt 80 (1989), 2310-2315

Dies., Das Textilviertel in Augsburg, in: Beiträge zur Denkmalkunde, 1991, bes. 220-226

Leben im Proviantbachquartier, 1990

Bernt von Hagen / Angelika Wegener-Hüssen, Stadt Augsburg, 1994, 28, 346-349, 368 f.

Das Textilviertel, 1995.