Langenmantel II

(Longum pallium, ’vom RR’, ’von Wertingen’, ’von Westheim’), Patrizierfamilie

Autor: Dr. Peter Geffcken

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • 1291 bis ins 19. Jahrhundert in Augsburg nachweisbar; 1538 eines der acht noch blühenden ’Alten Geschlechter’. Tochterlinie der Langenmantel (I), deren abweichendes Wappen die Initiale des Leitnamens R(üdiger) zeigt. Ihnen zuzuordnen ist wohl schon der 1290 belegte Stadtpfleger ’Rudgerus’ (Rüdiger I?). Sicher identifizierbar ist erst Rüdiger (I, † 26.12. 1342), 1291 und 1294 als Schwestersohn des Hartmann Langenmantel (I) und seiner Brüder bezeichnet. Ab 1299 amtierte er sechsmal als Stadtpfleger, fast 40 Jahre war er eine dominierende Figur der Augsburger Politik. Er zählte auch zu den bedeutendsten Augsburger Kaufleuten; neben Weinhandel sind auch Geldgeschäfte fassbar. Da als Schwiegersohn des Augsburger Fernhändlers Heinrich von Ulm belegt, könnte er einer der um 1291/94 mit ihm assoziierten ’generos’ sein. 1301 beteiligte er sich neben Hartmann Langenmantel (I) an einem großen Darlehen für König Albrecht. Schon 1310 erscheint ’Rüdiger Langenmantel und sine Gesellschaft’ als Gläubiger der bayerischen Herzöge; diese Geschäftsbeziehung dauerte an; noch 1324 wird er als Pfandinhaber der Steuer zu Gundelfingen genannt. Da er außerdem mehrfach als Gesandter am Königshof aufscheint, ist die frühe Parteinahme Augsburgs für Ludwig IV. wohl auch seinem politischen Einfluss zuzuschreiben. Das bis ins 19. Jahrhundert in Familienbesitz nachweisbare Westheim hatte Rüdiger wohl schon ererbt, da es im Urbar seines Sohnes (um 1360) als Erbe von Vater und Großvater bezeichnet wird. Bei St. Moritz stiftete er eine Kapelle mit Vikarie (belegt 1344). Unter den Söhnen formierten sich drei Familienzweige: Rüdiger (II, ’unter den Cramen’, † 1366/67) und seine Nachkommen blieben politisch und ökonomisch relativ unbedeutend, letzter Vertreter dieses Zweiges war vermutlich Blasius Langenmantel († nach 1442). Gleiches gilt für den Anfang des 15. Jahrhunderts erloschenen Zweig Konrads (I, ’am Swal’). Die herausragende Gestalt unter Rüdigers Söhnen war Johann (I, ’von Wertingen, † 11.11.1367), der nach 1346 dreimal als Stadtpfleger amtierte. 1348 hatte er die Herrschaft Wertingen erworben und durch Zukäufe arrondiert; 1363 erwarb er von Augsburg die Herrschaft Villenbach. Von seinen fünf Söhnen traten Marquard († 1372/76), Rüdiger (IV, † 1391/93) und Hartmann (I, † 1389/90) nur wenig hervor. Sein Nachfolger im Rat war Ulrich (I, † 1411), der 1368 den ersten Zunftbrief siegelte und ab 1380 dreimal als Stadtpfleger amtierte. Auf ihn folgte sein Bruder Johann (II, ’Mülin’ ’von Wertingen’, † 1425/26), der ab 1393 viermal Stadtpfleger war. Über Johanns (I) Tochter Selind kam Villenbach an die Dachs. Der den Söhnen vorbehaltene Wertinger Besitz hatte sich durch die Erbteilung stark zersplittert; fassbar ab 1415, wechselten einzelne Teile z. T. in rascher Folge die Besitzer. Nach dem Konkurs von Rüdiger (VI, † 1402/03), der Geschäftsverbindungen mit den Nürnberger Imhof unterhielt, ist ein größeres Engagement der Langenmantel im Handel nicht mehr belegt. Besonders ab den 1430er Jahren wird der Verlust der einstigen wirtschaftlichen Stellung immer deutlicher erkennbar. Als 1468 Wertingen an die Pappenheimer verkauft wurde, lag nur noch die Hälfte der Anteile der Gesellschaft bei den Langenmantel. Nicht mehr beteiligt waren die verarmten Nachkommen Johanns (II), die in den 1450er Jahren die Stadt verlassen hatten. Die Linie Rüdigers (IV) war seit 1430 erloschen. Wilhelm († nach 1499), der 1467 nach Memmingen abgewanderte Enkel Hartmanns (I), besaß gerade 1/10. Am bedeutendsten waren mit je 1/5 die Anteile, die die Kinder Johanns (IV, † 1420) und Heinrichs (II, † 1463), der beiden Söhne Ulrichs (I), hielten. Dank des Erbes seiner Frau (Rudolf) war Heinrich (II) der einzige Langenmantel, der Mitte des 15. Jahrhunderts nicht mit wirtschaftlichen Problemen kämpfte und sogar Liegenschaften erwarb. 1455 versteuerte er ein Anschlagvermögen von 5760 fl (19. Stelle). Seit den 1440er Jahren im Rat fassbar, zählte er 1450-1463 ständig zum engeren Führungszirkel und amtierte viermal als Stadtpfleger. Durch zahlreiche Nachkommenschaft wurde sein Vermögen zertrümmert, den fünf Söhnen blieb nur ein begrenztes Erbe. Für den ältesten Sohn, Andreas († 1469), und den jüngsten, Heinrich (III, † 1495), sind Ehen bezeugt, Andreas’ Sohn Mang wird 1501 noch einmal fassbar, als er sein Erbe vernachsteuerte. Nach Stetten begründete er in Kärnten eine eigene Linie, die 1653 in den Freiherrenstand erhoben wurde. Anfang des 16. Jahrhunderts waren die Langenmantel in Augsburg nur noch durch Heinrichs Sohn Wolfgang (I) vertreten, dessen ökonomische Lage sich durch mütterliches Erbe (Lauginger) und Heirat (Baumgartner) wieder stabilisiert hatte. Sein Sohn David († 1572) begründete die evangelische Linie, die neben einer Anzahl Ratsherren mit Martin Hieronymus Langenmantel († 1739) einen Stadtpfleger (1735-39) stellte. Auf Wolfgang (II, † 1568) geht die Linie der Langenmantel ’von Westheim’ zurück, die nach dem 30jährigen Krieg eine herausragende Stellung im katholischen Ratsteil erlangte und mit Octavian († 1689), Ignatius († 1725), Franz Octavian († 1730) und Jakob Wilhelm († 1790) vier Stadtpfleger stellte. Beschwerden über die politische ’Präpotenz einiger Familien’ führten 1716 zur Einsetzung einer kaiserlichen Kommisssion, die feststellte, dass im katholischen Ratsteil 14 von 15 Ratsherren mehr oder weniger nah mit den Langenmantel verwandt waren. Die Machtstellung der Langenmantel wurde durch die ’Neue Regimentsordnung’ von 1719 allerdings nicht erschüttert. Sogar entgegen kaiserlicher Empfehlung konnte 1725 Franz Octavian seine Wahl zum Stadtpfleger durchsetzen. Octavians Sohn Hieronymus Ambrosius (* 24.11.1641, † 5.12.1718), Kanoniker bei St. Moritz, vielseitig interessiert, besonders an Naturwissenschaften und Orientalistik, gab 1684 in Augsburg Briefe von Athanasius Kircher heraus.
  • Langenmantelstraße (Stadtjägerviertel, Amtlicher Stadtplan I 8), benannt nach den Geschlechtern der Langenmantel.

Literatur:

Paul von Stetten, Geschichte der adelichen Geschlechter in der freyen Reichsstadt Augsburg, 1762, 65 ff.

Bibliotheca Augustana 1, 1785, 108-117

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Richard Hoffmann, Die Augsburger Baumeisterrechnungen 1320-1331, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 5 (1878), 1-220

Genealogisches Handbuch des in Bayern immatrikulierten Adels 5, 1955, 442-452

Kurt Ansorge / Fritz Lilienthal, Archivalische Quellen zur Geschichte der ältesten Augsburger Langenmantel, in: Blätter des Bayerischen Landesvereins für Familienkunde 10 (1965/67), 191-214

Leonhard Lenk, Augsburger Bürgertum im Späthumanismus und Frühbarock 1580-1700, 1968, 183 f.

Ingrid Bátori, Die Reichsstadt Augsburg im 18. Jahrhundert, 1969, 34 ff., 185

Eduard Zimmermann, Augsburger Zeichen und Wappen, 1970, 986 f.

Richard Dertsch, Das Wertinger Urbar des Johannes Langenmantel, in: Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen an der Donau 74 (1972), 22-42

Dietrich Blaufuß, H. A. Langenmantel, Briefwechsel mit Gottlieb Spizel, in: Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 8 (1974), 256-268

Joachim Jahn, Augsburg Land, 1984

Fritz Peter Geffcken, Soziale Schichtung in Augsburg 1396-1521, 1995, München Diss. 1983, 140, 197, Anh. 6-213, 222-232

Hieronymus Ambrosius Langenmantel, in: Die Fruchtbringende Gesellschaft unter Herzog August von Sachsen-Weißenfels, 1997, 145-153.