Kröll

Simprecht, * um 1496, † um 1554 Augsburg, Weber, Literatursammler

Autor: Dr. Christoph Roth

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • 1516-1554 mehrfach als Weber mit dem niedrigsten Steuersatz in den Augsburger Steuerbü­chern verzeichnet. Seine soziale Situierung und die Sammelleidenschaft für jede Art von Literatur ist der Claus Spauns und Valentin Holl vergleichbar. Seltsamerweise treten bei den Hausbüchern der drei kaum inhaltliche Überschneidungen auf. Die bei Holl im Vordergrund stehenden kurzen Reimpaarerzählungen und die Fastnachtsspiele, die bei Spaun überwiegen, fehlen fast ganz in Krölls Kollektionen (5 Bände), bestehend aus eigenhändigen Abschriften, Flugblättern, Einblattdrucken und Frühdruckausgaben. Die von Kröll 1516-1518 zusammengestellte Handschrift (Universitätsbibliothek Heidelberg, Cpg 109), eine Mischung aus planvoller Anlage und willkürlichen Annotaten, weist z. B. als umfangreicheren Text nur das Wolfdietrich-Epos, im übrigen aber eine Unzahl von kurzen Gebeten, Legenden, geistlichen und weltlichen Liedern (Augsburger Marienklage), Traktaten, historischen Notizen und protestantischer Agitationsliteratur auf. Eine lange Liste pragmatischen Schrifttums wie Briefe, medizinische Rezepte, Geschäftsnotizen, Urkunden und Todesanzeigen, lässt den Hausbuch-Charakter des Bandes deutlich hervortreten. Im Cpg 793 (1522/28), in dem die geistlichen Texte überwiegen, ist der Zuschnitt auf den Sammler in einem umfänglichen Konvolut von Gebeten, Legenden- und Mirakeldichtungen über Krölls Namenspatron, den heiligen Simpert, zu erkennen. Als weitere Interessensgebiete lassen sich in den übrigen Bänden (Vatikan, Vat. Pal. IV 228, 1518/22; IV 146, 1547/52 und V 1292) Mathematik, Recht, Prophezeiungen, Fechtkunst und Reiseberichte ausmachen, etwas isoliert steht der ’Griseldis’-Roman (Froschauer, 1507). Für die Geschichte Augsburgs sind die Bände deshalb von größtem Wert, weil die historischen, zuweilen sensationslüsternen Notizen ein lebendiges Bild der Stadt und die Zusammenstellung der Texte insgesamt einen Eindruck von den literarischen Interessen gebildeter Handwerker vermitteln. Alle Hausbücher Krölls gelangten 1552 in die Bibliothek der Fugger.

Literatur:

Literatur in Bayerisch Schwaben, 1979, 94

Dieter H. Meyer, Literarische Hausbücher des 16. Jahrhunderts, 1989, 271-461, 546-767

Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon 8, 21992, 796.