Kattunfabriken

Autor: Prof.Dr. Wolfgang Wüst

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Die Anfänge des mechanischen Kattundrucks (Kattun = arab. Baumwolle) gehen auf die Barchentdruckereien des 15./16. Jahrhunderts zurück, die ursprünglich mit Holzmodeln druckten; schon in den Steuerlisten 1480-1501 wird der Tuchdrucker Hans Stiermair genannt. Die ersten Augsburger Kattundruckereien waren ausgesprochene Handwerksbetriebe, die für Kaufleute und Tuchscherer Kattun im Lohndruck herstellten. Revolutionierend war der neue Kattundruck mit Wasserfarben, der 1678/79 in Holland eingeführt und rasch verbreitet wurde. Im Gegensatz zum bisher üblichen Öldruck gaben diese gedruckten Tuche keinen Geruch ab und verloren beim Waschen keine Farbe. Seit 1693 war der Kattundruck auf acht Betriebe (später 16) beschränkt, die der Kontrolle des Weberhauses unterstanden. 1698 erhielten Georg Neuhofer und Christoph Wegelin das Monopol für den neuen holländischen Kattundruck. Das 18. Jahrhundert wurde dank weiterer technischer Innovationen zur Epoche der Kattunfabriken. Der 1719 nach Augsburg zugewanderte Jean-François Gignoux, der zusammen mit Neuhofer zu den bedeutendsten Kattunfabrikanten in Deutschland zählte, trieb die Mechanisierung voran mit einem Appreturverfahren auf Messingrollen, das den Widerstand der Färberzunft erregte. Die Kattunfabriken erhielten jetzt auch die Erlaubnis, ihre Rohstoffe direkt vom Erzeuger zu beziehen, womit ihre Eigenständigkeit gegenüber den Zünften manifestiert wurde. Johann Heinrich von Schüle ließ 1770 vor dem Roten Tor eine ausgedehnte Kattunfabrik errichten, die Kaiser Joseph II. besichtigte; 1781 hatte sie bereits 350 Beschäftigte. Daneben existierten acht weitere Betriebe, deren ältester 1781 von Johann Michael Schöppler und Johann Gottfried Hartmann übernommen wurde. Weitere Neugründungen dieser Zeit waren die Kattunfabriken Gignoux (mit 1764/65 errichtetem Manufakturgebäude, Gignouxhaus) sowie Wohnlich und Froelich (beide 1787). Zu Beginn des 19. Jahrhunderts begann der Niedergang der Augsburger Kattunfabrikation; eine 1865 im Jahrbuch der Gewerbe- und Handelskammer Augsburg erschienene Übersicht ’Fabrik-Etablissements’ nennt nur noch die Firma Schöppler & Hartmann (450 Arbeiter, 126 mechanische Webstühle und 6 Walzdruckmaschinen), aus der die Neue Augsburger Kattunfabrik hervorging; aus ihrer Konkursmasse erwarb 1996 die Stadt Augsburg das NAK-Stoffmusterarchiv (aufbewahrt im Stadtarchiv).

Literatur:

Paul von Stetten, Kunst-, Gewerb- und Handwerksgeschichte der Reichs-Stadt Augsburg 1, 1779, 253-257

Ferdinand August Oldenburg, Die Fabriken von Augsburg, 1850, 12 f.

Wolfgang Zorn, Handels- und Industriegeschichte Bayerisch-Schwabens 1648-1870, 1961, 53 f.

Claus-Peter Clasen, Textilherstellung in Augsburg in der Frühen Neuzeit 2, 1995, 353-500.

Kattundruck