Hangenor

(Liutold genannt Hangenor), Patrizierfamilie

Autor: Dr. Peter Geffcken

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • 1302-1489 in Augsburg nachweisbar. Die Familie wird 1302 erstmals erwähnt, als Marquard ’Hern Liutolden seligen des Flazmangers (= Flachshändler?) sun’ einen Zehnt zu Oberhausen erwarb. Der Abstammungsverweis lässt darauf schließen, dass auch der verstorbene Vater in Augsburg lebte, die Familie also schon Ende des 13. Jahrhunderts hier ansässig war. Marquard Liutold ist noch mehrfach bezeugt, zuletzt 1321 als Baumeister. Er saß also im Kleinen Rat und zählte zum Patriziat. Bald darauf ist ein Namenswechsel zu beobachten, dessen Hintergründe bisher nicht geklärt sind. Seine Frau Agnes urkundet 1339 als Hangenorin und wird 1346 als Witwe des Marquard Hangenor bezeichnet. Noch im 15. Jahrhundert war der alte Name bekannt: das Gossembrotsche Wappenbuch berichtet, dass Hans Gossembrot mit ’dez Liutoltz dochter den man nennt Hangenor’ verheiratet war. Für Marquard sind vier Söhne belegt. Johann (I, † 1373/76) stammt wohl aus einer früheren Ehe. Er muss zeitweilig außerhalb Augsburgs gelebt haben, da er 1341 Augsburger Bürgerrecht erwarb. 1366 amtierte er als Baumeister. Während seine Brüder ein stilisiertes doppeltes ’H’ im Wappen führten, zeigt sein Siegel eine Handelsmarke, vielleicht Indiz für kaufmännische Aktivitäten. Heinrich († 1389/90) trat kaum hervor. Marquard (II) amtierte 1362 als Steuermeister; 1375 wurde er wegen Unterschlagung städtischer Gelder enthauptet. Johann (II, † nach 1379), durch seine Frau mit den Langenmantel ’vom RR’ verschwägert, siegelte 1368 als Ratsherr den ersten Zunftbrief; nach Ächtung wegen Totschlags (1379) verlieren sich seine Spuren. Den Besitz übernahmen die Söhne Johann (IV, † 1407) und Peter (I, † 1407?). Sohn des letzteren war wohl der ab 1394 als Domherr in Brixen bezeugte Peter (II, † 23.8.1401). Unter den Söhnen des Johann erreicht das Geschlecht seine größte Bedeutung. Johann (V, † 1442/50) trat in bayerische Dienste und stand als Rentmeister zeitweilig an der Spitze der Finanzverwaltung des Teilherzogtums Ingolstadt. Sein Bruder Stephan († 1451) entwickelte sich zu einer dominierenden Gestalt der Augsburger Politik und amtierte ab 1427 insgesamt elfmal als Stadtpfleger. Mit dessen Sohn Wilhelm († 1489), der sich als Parteigänger von Ulrich Schwarz zeitweilig nach Landsberg absetzen musste, erlosch die Familie in Augsburg.

Literatur:

Paul von Stetten, Geschichte der adelichen Geschlechter in der freyen Reichsstadt Augsburg, 1762, 79 f.

Leo Santifaller, Das Brixner Domkapitel in seiner persönlichen Zusammensetzung im Mittelalter, 1924, 333 f.

Eduard Zimmermann, Augsburger Zeichen und Wappen, 1970, 451, 943, 4553-4555

Theodor Straub, Die Bayern in Paris zur Zeit der Königin Isabeau de Bavière, in: Festschrift Max Spindler zum 75. Geburtstag, 1971, 274

Fritz Peter Geffcken, Soziale Schichtung in Augsburg 1396-1521, 1995, München Diss. 1983, 139, 197, Anh.