Goldschmiede

Autor: Dr. Hannelore Müller

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Von der frühen Augsburger Goldschmiedekunst ist kaum etwas bekannt. Überlieferte Namen von Goldschmieden können nur in den seltensten Fällen mit erhaltenen Werken verbunden werden, so das Entwicklungslinien nicht erkennbar sind. Erst das 15. Jahrhundert bringt durch einige erhaltene signierte oder archivalisch gesicherte Objekte (z. B. von Johann Müller, Heinrich Hufnagel oder den Brüdern Seld) eine Wende. Das früheste nachweisbare Goldschmiedestück der Augsburger Spätgotik ist eine Silbermonstranz von Johann Müller (1470, St. Moritz). 1529 wird die Beschau verbindlich eingeführt, d. h. alle in Augsburg entstandenen Werke müssen durch die Geschaumeister auf die Rechtmäßigkeit der verarbeiteten Legierung überprüft werden und erhalten als ’Prüfsiegel’ einen Beschaustempel, der den Pyr in wechselnden Formen zeigt. Die zweite, in jedes Stück geschlagene Marke ist das Zeichen des Goldschmieds. Die ältesten Werke mit dieser Stempelung sind zwei Hostienschalen Christoph Epfenhausers von 1536/37 (St. Anna, evangelisch Heilig Kreuz). Erst diese Stempelung erlaubt eine eindeutige Lokalisierung. Die strenge Überwachung des Edelmetallgehalts war eine Voraussetzung für die wachsende Bedeutung der Augsburger Goldschmiedekunst. Andere Faktoren kamen hinzu: Reichstage im 16. Jahrhundert, auf denen sich Verbindungen anbahnten, intensive Ausbildung der Lehrlinge und lange Wanderjahre der Gesellen, im Montanhandel engagierte Augsburger Handelshäuser, seit dem 17. Jahrhundert dann auch eine gewisse Spezialisierung auf einzelne Techniken (z. B. Tiefschnittemails durch David Altenstetter) oder Gerätetypen, die Möglichkeit problemloser Zusammenarbeit mit ansässigen Meistern anderer Berufe (wie Uhrmacher, Kistler, Etuimacher). Als sich am Ende des 16. Jahrhunderts die Augsburger Goldschmiedekunst aus dem Schatten Nürnbergs gelöst hatte, war im Juwelier ein eigener Berufsstand entstanden, der den Vertrieb der Goldschmiedearbeiten organisierte, auf Messen, Märkten und an Fürstenhöfen die Auftragsverhandlungen führte und die Realisierung der Bestellungen in Augsburg überwachte. Sein erster bedeutender Vertreter war Philipp Hainhofer. Damit waren die Grundlagen für den Aufstieg der Stadt zum wichtigsten mittel- und osteuropäischen Goldschmiedezentrum gelegt, das im 17. und 18. Jahhundert fast alle repräsentativen Aufträge an sich zog, vom Silberthron der Königin Christine von Schweden (um 1650) bis zu den Staatsservicen der russischen Gouvernements unter Katharina der Großen. Es gab Aufgaben, mit denen fast ausschließlich Augsburger Meister betraut wurden: aus mehreren Materialien kombinierte oder figürliche Trinkgefäße und Tafelaufsätze im 17. Jahrhundert, Silbermöbel im 17. Jahrhundert und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, vielteilige Reise- und Toilettengarnituren sowie große Speiseservice (z. B. das Hildesheimer Service) in Silber, aber auch in Gold vor allem im 18. Jahrhundert. Im kirchlichen Bereich war die Silberplastik eine Domäne der Augsburger Goldschmiede. Mit dem 19. Jahrhundert setzte der Rückgang ein. 1868 wurde die Korporation des Goldschmiedehandwerks aufgelöst.

Literatur:

Paul von Stetten, Kunst-, Gewerb- und Handwerksgeschichte der Reichs-Stadt Augsburg, 1779-1788

August Weiss, Das Handwerk der Goldschmiede in Augsburg bis 1681, 1897

Anton Werner, Augsburger Goldschmiede 1346-1803, 1913

Theodor Müller, Zur Augsburger Goldschmiedekunst der Reformation, in: Pantheon 18 (1960), 16-19

Sylvia Rathke-Köhl, Geschichte des Augsburger Goldschmiedegewerbes vom Ende des 17. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, 1964

Helmut Seling, Die Kunst der Augsburger Goldschmiede 1529-1868, 1980

Ders., Silberhandel und Goldschmiedekunst in Augsburg im 16. Jahrhundert, in: Welt im Umbruch 3, 1980, 162-170

Björn R. Kommer, Kaiserlicher Glanz aus dem alten Petersburg, 1991

Silber und Gold, 1994.