Färber
Autor: Prof. Dr. Rolf Kießling
Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe
- Noch bis ins 20. Jahrhundert waren die hohen Färberhäuser mit ihren Trockenböden in der Frauen- und Jakobervorstadt und im Lechviertel beherrschende Architekturelemente. Die Entwicklung des Färbergewerbes korrelierte mit dem Wandel der Mode und den technischen Möglichkeiten. Aufgrund der steigenden Nachfrage nach gefärbter Ware seit Mitte des 15. Jahrhunderts in der Barchent- und Leinen-Produktion wurde Augsburg neben Nürnberg zu einem Zentrum in Süddeutschland. Nach ersten Erwähnungen im ausgehenden 14. Jahrhundert stieg die Zahl vor allem während des zweiten Textilbooms seit den 1470er Jahren rapide an (1489: 20; 1552: 35 Meister), 1615 war mit 109 Färbern der Höhepunkt erreicht; nach dem Dreißigjährigen Krieg pendelte sich die Zahl um 40-50 ein, ging aber bis 1806 auf 23 zurück. Zu Zeiten der Zunftverfassung der Zunft der Weber zugeordnet, bildeten die Färber seit der Verfassungsänderung von 1548 ein Handwerk mit zwei Vorgehern, die vom Rat ernannt wurden und eine Doppelfunktion als Arm der Obrigkeit, aber auch als Sprachrohr der Färbermeister einnahmen. Spezifische Färberordnungen entstanden seit Mitte des 15. Jahrhunderts im Kontext der Weberordnungen, seit 1501 wurden sie in häufiger Folge erlassen. Zunächst legten sie die Produktionsvorschriften und die Warenprüfung an der Schau fest, sodann regelten sie (spätestens seit 1528) auch die Lehr- und Gesellenjahre, die Löhne sowie den Zugang zur Meistergerechtigkeit. Eine eigene Bruderschaft der Mang- und Färbergesellen lässt sich seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts verfolgen, die seit 1576 in Konfliktfällen auch das Mittel des Streiks einsetzte. Anfangs unterschied man zwischen Schwarzfärbern, die lediglich mit Grau und Schwarz arbeiteten, und Beifärbern, die mit verschiedenen Farben und Arbeitsgängen eine breitere Palette anboten. Hauptprodukte waren Barchent- und Leinenstoffe sowie Wolltuche. Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts traten auch sogenannten Schönfärber auf, die u. a. auch Seide färbten, als Ausübende einer ’freien Kunst’ aber nicht dem Handwerk unterstanden. Als Farbstoff diente vorwiegend der ’Rausch’ (Bärentraube) aus Tirol für Schwarz, daneben Kupferwasser (Vitriol) und Galläpfel, Eichenrinde und ’Schliff’ (Metallrückstände beim Schleifen) für Grautöne. Für Blau verwendete man vor allem ’Waid’ aus Thüringen, ehe er seit der Mitte des 16. Jahrhunderts vom Indigo (’Endich’) verdrängt wurde. ’Safflor’ (echter und Färbersafran) für Gelb und ’Prisell’ (Brasilholz) für Rot sorgten für eine erweiterte Farbpalette. Im späten 17. Jahrhundert Einführung neuer Farben, u. a. auch des ’Krapp’ (aus den Wurzeln der sogenannten Färberröte). Da die Färbemittel in der Regel aus Tirol oder über Nürnberg und Venedig importiert wurden, bestimmten die Kaufleute den Markt, wobei sich verlagsähnliche Beziehungen ausbildeten und trotz Gegensteuerung des Rats die Abhängigkeiten kaum gemildert werden konnten. Seit 1528 wurden die Farbenpreise vom Rat festgesetzt. Im ’Färbgewölbe’ im Weberhaus, einer Art städtischer Maklerinstanz, wie sie auch in der Weberei vorlag, konnten die Färber ihre Ware gegen Bargeld absetzen. Die seit 1443 belegte ’Geschau’ bürgte mit differenzierten Siegeln für die Qualität der Ware; dabei wurde auch das Ungeld eingehoben. Der Strukturwandel des Augsburger Textilgewerbes mit Verschiebung zu den reinen Cottonen und dem Kattundruck bedingte einen Rückgang des Gewerbes. Die Beschäftigung von eigenen Färbern im erfolgreichen Kattundruck (1692/93 Verfahren des Krapprotfärbens, Anfang 18. Jahrhundert des Blaugrunds) löste langwierige Auseinandersetzungen zwischen der ’freien Kunst’ des Kattundrucks und dem an Konzessionierung gebundenen Handwerk aus.
- Färbergässchen (Innenstadt, Amtlicher Stadtplan I 9), Färberstraße (Pfersee-Süd, Amtlicher Stadtplan H 9).
Literatur:
Claus Peter Clasen, Die Augsburger Weber, 1981
Rolf Kießling Augsburgs Wirtschaft im 14. und 15. Jahrhundert, in: Geschichte der Stadt Augsburg von der Römerzeit bis zur Gegenwart, 21985, 171-181
Claus-Peter Clasen, Textilherstellung in Augsburg in der Frühen Neuzeit 2, 1995.