Beghinen

Autor: Prof. Dr. Rolf Kießling

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Klosterähnliche Lebensgemeinschaften frommer Frauen, ohne Gelübde und approbierte Regel, seit Beginn des 13. Jahrhunderts nördlich der Alpen im Rahmen der religiösen Laienbewegung entstanden und bis zum Ende des Mittelalters die verbreitetste Form weiblicher Laienfrömmigkeit. In Augsburg gehen die Frauenkonvente der Bettelorden auf derartige Gemeinschaften des 13. Jahrhunderts zurück, die meisten wurden nach dem Beschluss des Konzils von Vienne 1311 aufgrund des Häresieverdachts in die sogenannten Dritten Orden übernommen. Erste nachweisbare Niederlassung von Beghinen war ca. 1230 ’in arena’ (auf dem Gries, wohl südöstlich der Stadt), wo sie 1239 ein Grundstück von St. Stephan erwarben, jedoch bald darauf (bestätigt 1245 durch Papst Innozenz IV.) die Augustiner-Regel der Dominikaner annahmen und 1251 in die Pfarrei St. Moritz übersiedelten (St. Katharina). Auch das spätere Kloster Maria Stern geht auf eine solche Gemeinschaft in Nachbarschaft der Franziskaner (Barfüßer) zurück, die 1258 erstmals auftauchte, spätestens seit 1282 von den Franziskanern geistlich betreut und 1315 in den Dritten Orden aufgenommen wurde. Letzteres gilt auch für die Niederlassung bei St. Martin, die sich auf sieben Geschwister der Familie Noteisen 1263 zurückführen lässt, sowie für die 1279 erstmals urkundlich erwähnten Schwestern bei St. Clara an der Horbruck. Die ’Schwestern von der willigen Armut’ bei St. Ursula, 1335 am Schwall belegt, wurden erst 1394 dem Orden der Dominikanerinnen angegliedert. Die Gemeinschaft beim ’Bruder Arnold’ in der Nähe von St. Servatius, urkundlich 1359, hielt sich dagegen offenbar nur bis zur Wende zum 15. Jahrhundert. Sie mag auch in engerem Zusammenhang mit den sogenannten Seelhäusern gestanden haben, bei denen die praktische Ausrichtung und soziale Bestimmung als Versorgungsinstitution für arme Frauen neben der religiösen Orientierung noch deutlicher greifbar wird. Inwieweit die Beghinen wirtschaftlich tätig waren (naheliegend wäre das Textilgewerbe), lässt sich bei dem Mangel an Quellen für das 13./14. Jahrhundert nicht nachweisen. Die Skepsis auch der städtischen Obrigkeit gegen derartige schwer kontrollierbare Formen religiöser Orientierung wird noch 1491 greifbar, als der Rat den Beghinen, ’die etlich zeit mit zauberey umbgangen sind’, die Stadt verbot.

Literatur:

Rolf Kießling, Bürgerliche Gesellschaft und Kirche in Augsburg im Spätmittelalter, 1971, 37 f., 238 f., 318 f.

Ders., Das Augsburger Bürgertum, in: Die mittelalterliche Stadt in Bayern, 1974, 163-186

Richard Kieckhefer, Repression of heresy in medieval Germany, 1979, 25, 79

Brigitte Degler-Spengler, Die religiöse Frauenbewegung des Mittelalters, in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 3 (1984), 75-88.