Augsburger Interim

Autor: Peter Lengle

Stand/Quelle/Datum: 2. Auflage Druckausgabe

  • Nach seinem Sieg über die Protestanten im Schmalkaldischen Krieg berief Kaiser Karl V. einen Reichstag nach Augsburg, der am 15.9.1547 eröffnet wurde. Dort wollte der Kaiser die Religionsfrage auch ohne päpstliche Mithilfe und die anstehende Reichsreform einer Lösung zuführen. Während des Reichstags wurde die 1368 eingeführte Zunftverfassung zugunsten einer oligarchischen Herrschaft ersetzt. Das Ziel des Kaisers, eine monarchische Reichsform durchzuführen, die zur Kräftigung der Zentralgewalt beitragen sollte, schlug fehl. Nach langen Vorüberlegungen wurde am 15.5.1548 der Text des Augsburger Interim veröffentlicht, an dem u. a. der Naumburger Bischof Johann von Pflug, der Mainzer Weihbischof Helding und als einziger Protestant der Brandenburger Hofprediger Johann Agricola mitgearbeitet hatten. Die 26 Artikel umfassende Schrift sollte das religiöse Miteinander bis zur Einberufung eines allgemeinen Konzils regeln. Den Protestanten wurde bis dorthin die Priesterehe (Art. 20) und der Laienkelch (Art. 21) gestattet, zumindest dort, wo dies bereits in Gebrauch war. Da das Augsburger Interim eigentlich nur die protestantische Bevölkerung betraf, bekam die katholische Seite die 'Formula reformationis' auferlegt. Diese Schrift setzte sich mit den tatsächlichen Missständen in der katholischen Kirche auseinander, deren Abstellung aber erst durch das Tridentinische Konzil und die Jesuiten gelang. Für beide Erlasse konnte Karl V. zwar am 18.8.1548 eine päpstliche Indultbulle erlangen, den Schriftstücken fehlte jedoch die Autorität des Kirchenoberhaupts. Das Augsburger Interim wurde nur in einigen süddeutschen Städten, wie Augsburg, Ulm und Konstanz, beachtet, die Protestanten und Katholiken lehnten das Augsburger Interim insgesamt ab. In Augsburg führte das Augsburger Interim zur Zurückgabe aller 1534 und 1537 von den Protestanten beschlagnahmten Kirchen. Etwa 90 Prozent der Bevölkerung Augsburgs blieben so nur die Kirchen St. Anna und St. Jakob, die Barfüßerkirche und die Predigthäuser St. Ulrich, St. Georg und Heilig Kreuz. Erst der Augsburger Religionsfrieden (1555) brachte eine länger andauernde Regelung zwischen den beiden Konfessionen.

Literatur:

Georg Beutel, Über den Ursprung des Augsburger Interims, 1888

Erwin Iserloh, Die deutsche Fürstenreformation, in: Handbuch der Kirchengeschichte 4, 1967, 301-306

Herbert Immenkötter, Kirche zwischen Reformation und Parität, in: Geschichte der Stadt Augsburg von der Römerzeit bis zur Gegenwart, 21985, 401-403

Hans Schulz, Die Frage des Interims und die Parteien des Augsburger Reichstags 1548, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 54 (1985), 45-54.